Die Schenkung ist neben der Leihe und dem Auftrag ein weiteres unentgeltliches Rechtsgeschäft in Form eines einseitig verpflichtenden Vertrags. Bei einer Schenkung gemäß § 516 I BGB handelt es sich um eine unentgeltliche Zuwendung eines Vermögenswertes im Sinne einer endgültigen Übertragung einer Sache, eines Rechts oder sonstigen Gegenstands. Sie wird daher auch als „unentgeltliches Gegenstück zum Kauf“ bezeichnet.
Der Schenker erleidet also einen dauerhaften Vermögensverlust, ohne dafür eine Gegenleistung zu erhalten. Der Beschenkte hingegen erlangt einen Vermögensvorteil, ohne eigenes Vermögensopfer. Diesem Umstand will das Gesetz Rechnung tragen, indem es den Schenker privilegiert und den Schutz des Beschenkten gegenüber den allgemeinen Regeln abschwächt.

I. Grundvoraussetzungen für eine wirksame Schenkung

1. Zuwendung
Erforderlich ist stets die Übertragung von Vermögenssubstanz (Zuwendung). Es muss auf Seiten des Zuwendenden zu einer Vermögensminderung und auf Seiten des Zuwendungsempfängers zu einer Vermögensmehrung kommen. Darunter fallen insbesondere
die Übereignung von Gegenständen gemäß §§ 929 ff., 873, 925 BGB,
die Übertragung von Forderungen gemäß § 398 BGB,
der Erlass von Forderungen.
Merke
Eine befreiende Schuldübernahme gemäß §§ 414 ff. BGB oder eine Befriedigung des Gläubigers nach § 267 I BGB ist nur dann eine Schenkung, wenn der Leistende auf den Rückgriff aus §§ 683 S. 1, 670 BGB beziehungsweise § 812 I 1 Alt. 2 BGB verzichtet. Ansonsten ist der Beschenkte durch die Leistung des Schenkers nicht reicher beziehungsweise weniger arm geworden.
Das Vermögen des Schenkers muss infolge der Schenkung dauerhaft vermindert sein. Das ist beispielsweise nicht der Fall bei
dem Verzicht auf einen Vermögenserwerb (z. B. bei der Ausschlagung einer Erbschaft/eines Vermächtnisses, §§ 1953, 2180 BGB),
Arbeits- und Dienstleistungen,
bloßer Gebrauchsüberlassung (z. B. Leihe, § 598 BGB).
a) Unbenannte Zuwendungen
Unbenannte Zuwendungen sind gegenseitige Zuwendungen, die ohne besondere Kausalabrede erbracht werden, der Verwirklichung des gemeinsamen Ehelebens dienen und somit unterhaltsähnlichen Charakter aufweisen (daher auch ehebedingte Zuwendungen genannt). Eine unbenannte Zuwendung liegt beispielsweise vor, wenn jemand seinem Lebensgefährten/Ehegatten eine Urlaubsreise spendiert.
Merke
Abzugrenzen sind unbenannte Zuwendungen innerhalb der Ehe von tatsächlichen Schenkungen. Erfolgt eine Zuwendung aus reiner Freigebigkeit und zur freien Verfügung des Empfängers, liegt eine Schenkung i.S.v. § 516 I BGB vor. Hier fehlt es an einem Bezug zu dem Austauschverhältnis der Partner. Schenkt ein Partner seiner Frau zum ersten Hochzeitstag eine Uhr, liegt eine Schenkung und keine unbenannte Zuwendung vor.
Der Grund einer unbenannten Zuwendung liegt stets in einem gegenseitigen Kooperationsverhältnis, das auf die Verwirklichung, Erhaltung und Sicherung der Lebensgemeinschaft gerichtet ist. Hintergrund ist, dass die Ehepartner in einem vielfältigen Austauschverhältnis leben, in dem die Leistungen des einen Ehegatten kausal mit den Leistungen des anderen Ehegatten verknüpft sind. Der zugewendete Gegenstand kommt nicht nur dem Empfänger, sondern mittelbar auch der gemeinsamen Lebensgemeinschaft zugute und damit auch dem Zuwendenden selbst. Daher fehlt es hier regelmäßig an der Einigung der Ehegatten über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung. Der Zuwendende geht davon aus, dass es an einer Entreicherung auf seiner Seite fehlt.
Merke
Zuwendungen von Schwiegereltern an das Schwiegerkind, die ihren Grund in der gemeinsamen Ehe mit dem eigenen Kind haben, sind hingegen als Schenkung anzusehen und können nach Scheitern der Ehe ggf. nach § 313 BGB oder § 812 I 2 Alt. 2 BGB zurückgefordert werden.
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Im Falle von unbenannten Zuwendungen liegt darüber hinaus eine konkludente privatautonome Vereinbarung über einen Rechtsgrund zum Behaltendürfen i.S.v. §§ 812 ff. BGB unabhängig von einer Leistungsverpflichtung oder Schenkung vor.
Unbenannte Zuwendungen können daher – auch im Falle einer Trennung/Scheidung – nicht zurückgefordert werden. Erst wenn derartige Zuwendungen über den regulären/unterhaltsähnlichen Austausch hinausgehen, kann ein Anspruch aus § 812 I 2 Alt. 2 BGB in Betracht kommen.
b) Ausstattung, § 1624 BGB
Bestimmte unentgeltliche Zuwendungen von Eltern an ihre Kinder sind gemäß § 1624 I BGB keine Schenkungen. Der Zweck dahinter ist die Ermöglichung und Stärkung der autonomen Lebensführung des Kindes. Eine Schenkung liegt erst dann vor, wenn die Zuwendung das den Umständen entsprechende Maß übersteigt.
2. Unentgeltlichkeit der Zuwendung
Die Zuwendung muss unentgeltlich erfolgen. Das ist der Fall, wenn sie unabhängig von einer Gegenleistung erfolgen soll. Eine Schenkung liegt also bereits dann nicht mehr vor, wenn sich der Empfänger synallagmatisch zu irgendeiner Leistung verpflichtet oder eine bereits erbrachte Leistung durch eine nachträgliche Gegenleistung zusätzlich entlohnt werden soll.
Merke
Unentgeltlichkeit bedeutet nicht „kostenlos“. Daher ist es beispielsweise unbeachtlich, wenn dem Beschenkten Anwaltsgebühren, Beurkundungsgebühren oder Reisekosten anfallen. Dies führt nicht dazu, dass die Unentgeltlichkeit der eigentlichen Zuwendung entfällt.
Im Gegensatz dazu muss eine mögliche Gegenleistung jedoch nicht zwingend einen Geld- oder Vermögenswert haben. Beispielsweise liegt keine Schenkung bei üblichen Trinkgeldern vor, die der Restaurantbetreiber seinen Kellnern auszahlt. Diese Zahlungen sind als Entgelt für die erbrachten Bemühungen anzusehen.
II. Wirksamkeit des Schenkungsvertrags
Welche Wirksamkeitsvoraussetzungen der Schenkungsvertrag erfüllen muss, hängt davon ab, ob es sich um eine Versprechens- oder eine Handschenkung handelt.
1. Versprechensschenkung
Die Versprechensschenkung ist in § 518 BGB geregelt. Ein Schenkungsvertrag i.S.v. § 518 I 1 BGB liegt dann vor, wenn es zu einer Einigung über eine unentgeltliche Zuwendung kommt, die tatsächliche Zuwendung aber erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen soll. Allein das Schenkungsversprechen erzeugt keinen Anspruch auf eine künftige Leistung. Vielmehr muss dieses Angebot auch angenommen werden (einseitig verpflichtender Vertrag).
a) Formerfordernis
Nach § 518 I BGB bedarf das Schenkungsversprechen (nicht die Annahme) der notariellen Beurkundung. Dies gilt für jede Art von Schenkung. Durch die Formvorschrift soll der Schenker vor übereilten Entscheidungen geschützt werden (Übereilungsschutz) und es soll sichergestellt werden, dass ein ernsthaftes Versprechen vorliegt.
b) Heilung von Formmängeln
Gemäß § 518 II BGB wird der Formmangel jedoch durch den Vollzug der Schenkung mit ex nunc Wirkung geheilt. Vollzieht der Schenker nämlich das Versprechen, ist er nicht mehr schutzwürdig und es gibt auch keinen Grund mehr, an der Ernsthaftigkeit des Versprechens zu zweifeln.
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Eine solche Heilung eines Formmangels kennt das Gesetz außerdem in § 311b I 2 BGB bei der Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücks und in § 494 II BGB bei einem Verbraucherdarlehensvertrag.
Für die Heilung ist erforderlich, dass die versprochene Leistung erbracht worden ist. Wann dies der Fall ist, hängt davon ab, was verschenkt wurde: bewegliche Sachen müssen nach §§ 929 ff. BGB, unbewegliche Sachen nach §§ 873, 925 BGB übereignet und Forderungen nach § 398 BGB abgetreten worden sein.
Merke
Der Begriff der Heilung darf nicht mit Erfüllung i.S.d. § 362 I BGB gleichgesetzt werden, weil der Leistungserfolg bei § 518 II BGB nach der herrschenden Meinung noch nicht eingetreten sein muss. Es reicht aus, wenn der Schenker alles getan hat, was er für den Vollzug der Schenkung tun muss.
2. Handschenkung
Der praktische Regelfall ist hingegen die Handschenkung gemäß § 516 BGB. Dabei erfolgen Zuwendung und Schenkungsvertrag/-abrede gleichzeitig, ohne dass es vorab ein Schenkungsversprechen i.S.v. § 518 I BGB gab. Hierbei bedarf es keiner bestimmten Form. Eine Handschenkung schafft den Rechtsgrund für eine Zuwendung, macht sie also kondiktionsfest. Es wird uneinheitlich beantwortet, ob auch bei der Handschenkung für eine juristische Sekunde eine Leistungspflicht des Schenkers begründet wird. Dieser Streit kann jedoch dahinstehen, da durch die zeitgleich vollzogene Zuwendung Erfüllung gemäß § 362 I BGB eintritt und die Leistungspflicht somit erlischt. Kommt es nicht unmittelbar zum Vollzug der Zuwendung, liegt keine Handschenkung vor und es sind die Wirksamkeitsvoraussetzungen des § 518 I BGB zu beachten.
Der Schenkungsvertrag kommt durch Angebot und Annahme zustande. Das Angebot muss darauf gerichtet sein, einen Vermögenswert unentgeltlich zuzuwenden. Die Annahme wird regelmäßig konkludent (z. B. durch Benutzung der Sache) erklärt. Wird die Annahme nicht (ausdrücklich oder konkludent) erklärt, kann der Schenker dem Beschenkten gemäß § 516 II 1 BGB eine Frist zur Annahme setzen. Das Gesetz geht davon aus, dass eine Schenkung grundsätzlich vorteilhaft ist, weswegen das Schweigen des Beschenkten auf die Aufforderung gemäß § 516 II 2 BGB als Zustimmung gewertet wird.
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Grundsätzlich kommt dem Schweigen im Rechtsverkehr keine rechtliche Bedeutung zu (sogenanntes rechtliches nullum). Etwas anderes gilt, wenn die Parteien vereinbart haben, dass dem Schweigen ein Erklärungswert zukommen soll. Das Gesetz misst dem Schweigen beispielsweise in §§ 416 I 2, 455 S. 2, 516 II 2 BGB, § 362 I 2 HGB die Bedeutung einer Zustimmung zu. In §§ 108 II 2, 177 II 2, 415 II 2 BGB erkennt das Gesetz das Schweigen als Ablehnung an.
III. Besondere Formen der Schenkung
1. Mittelbare Schenkung
Gibt der Schenker dem Beschenkten Geld zur Anschaffung einer vorher festgelegten Sache (sogenannte mittelbare Schenkung), muss durch Auslegung ermittelt werden, ob der Schenker dem Beschenkten das Geld oder die Sache schenken wollte. Die Unterscheidung ist wichtig, wenn die Schenkung nach § 531 BGB widerrufen und das Geschenk gemäß § 812 BGB zurückgefordert wird. Muss der Beschenkte die Sache oder das Geld zurückgeben?
Im Zweifel ist anzunehmen, dass das Geld geschenkt werden sollte, wenn der Erwerb des damit gekauften Gegenstands im freien Belieben des Beschenkten stand.
Eine Schenkung des mit dem Geld erworbenen Gegenstandes liegt vor, wenn der Wille des Schenkers für den Erwerb mitbestimmend war.
2. Gemischte Schenkung
Eine gemischte Schenkung liegt vor, wenn
für eine Leistung eine Gegenleistung erbracht werden soll, die weit unter dem Wert der Leistung liegt und
die Parteien wollen, dass der überschießende Wert der Leistung dem anderen unentgeltlich zukommen soll.
Merke
Keine gemischte Schenkung liegt hingegen vor, wenn der Vertrag komplett entgeltlich erfolgen soll, die Parteien sich jedoch auf einen „Freundschaftspreis“ einigen. Eine gemischte Schenkung liegt nur vor, wenn die Parteien eine teilweise Unentgeltlichkeit beabsichtigen. Ist der Wille der Parteien nicht zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB), spricht ein grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung für die Unentgeltlichkeit (tatsächliche Vermutung).
Ist die höherwertigere Leistung teilbar, lässt sich das Rechtsgeschäft ohne weiteres in einen unentgeltlichen und einen entgeltlichen Teil aufspalten. Auf die jeweiligen Teile sind dann die entsprechenden Regelungen anwendbar. Ist die höherwertige Leistung nicht teilbar, liegt ein typengemischter Vertrag vor. Wie die Fälle der gemischten Schenkung hier zu behandeln sind, wird uneinheitlich beantwortet.
Problem
Behandlung einer gemischten Schenkung bei nichtteilbarer höherwertiger Leistung
Nach der Einheitstheorie wird das Geschäft einheitlich danach beurteilt, welcher Teil überwiegt. Je nachdem, ob der entgeltliche oder der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiegt, sind die Regelungen des Schenkungsrechts oder des Kaufrechts anzuwenden.
Nach der mittlerweile herrschenden Meinung ist entscheidend, welche Normen im Einzelfall dem von den Parteien verfolgten Zweck am besten dienen (sogenannte Zweckwürdigungstheorie). Es ist danach im konkreten Fall zu ermitteln, ob es sachdienlicher ist, den Vertrag als Ganzes zu betrachten und entweder die schenkungsrechtlichen oder die kaufrechtlichen Vorschriften anzuwenden oder ob das Geschäft in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuspalten ist. Die Zweckwürdigungstheorie ermöglicht einen flexibleren Umgang mit den Fällen der gemischten Schenkung als die Einheitstheorie. Ferner kann die Zweckwürdigungstheorie an den konkreten Parteiwillen angepasst werden und ist daher vorzugswürdig.
3. Schenkung unter Auflage
Möchte der Zuwendende den Empfänger zu einem bestimmten Verhalten veranlassen, kann er die Schenkung mit einer Auflage verbinden. Diese Nebenabrede muss der Beschenkte dann vollziehen, §§ 525 – 527 BGB. Der Schenker bleibt jedoch vorleistungspflichtig. Er kann gemäß § 525 I BGB die Erfüllung der Auflage erst verlangen, wenn er seinerseits geleistet hat.
Bei einer Schenkung unter Auflage soll die Leistung des Empfängers aus dem zugewendeten Gegenstand heraus bestritten werden. Davon geht auch § 526 BGB aus, wonach der Beschenkte die Erfüllung der Auflage verweigern kann, wenn der Wert des Geschenks wegen eines Rechts- oder Sachmangels die erforderlichen Aufwendungen nicht erreicht. Die Auflage kann auch einen Dritten begünstigen.
Beispiel
Eine Schenkung unter Auflage liegt z. B. vor bei der Übertragung eines Grundstücks unter dem Vorbehalt der Bestellung eines Nießbrauchs; Übertragung eines Sparkontos gegen ein verzinsliches Darlehen aus dem Geld.
Die Schenkung unter Auflagen ist zu unterscheiden von der Zweckschenkung. Mit einer Zweckschenkung verfolgt der Schenker einen bestimmten Zweck, ohne den Beschenkten rechtlich zu verpflichten. Verwendet der Beschenkte das Geld zweckwidrig, hat der Schenker unter Umständen einen Rückforderungsanspruch aus § 812 I 2 Alt. 2 BGB oder § 313 BGB.
Beispiel
Der Beschenkte soll ein Geldgeschenk zur Finanzierung des Studiums nutzen.
Wenn der Beschenkte die Auflage nicht erfüllt, hat der Schenker beziehungsweise sein Erbe einen klagbaren Erfüllungsanspruch aus § 525 I BGB. Soll durch die Auflage ein Dritter begünstigt werden, hat auch der begünstigte Dritte gemäß § 330 S. 2 BGB einen Erfüllungsanspruch, bei einer Auflage im öffentlichen Interesse die zuständige Behörde, § 525 II BGB.
Außerdem kann der Schenker das Geschenk gemäß § 527 I BGB nach den Regeln des Bereicherungsrechts (Rechtsfolgenverweis auf die §§ 818 f. BGB) zurückverlangen, wenn die Voraussetzungen der §§ 323, 324 BGB erfüllt sind und soweit das Geschenk zur Vollziehung der Auflage hätte verwendet werden müssen.
4. Pflicht- und Anstandsschenkung, § 534 BGB
Eine Pflichtschenkung liegt vor, wenn die Zuwendung sittlich geboten ist. Bloße Nächstenliebe genügt hierfür nicht.
Beispiel
Eine Pflichtschenkung liegt beispielsweise bei der Unterstützung bedürftiger naher, aber nicht unterhaltberechtigter Verwandter (z. B. Geschwister) vor.
Eine Anstandsschenkung liegt vor, wenn der Schenker ohne die Zuwendung nach den Anschauungen seiner sozialen Kreise an Achtung und Ansehen verlieren würde.
Beispiel
Typische Anstandsschenkungen sind kleine Zuwendungen zu einem Geburtstag, zu Weihnachten oder einer Hochzeit.
Pflicht- und Anstandsschenkungen können weder zurückgefordert noch widerrufen werden.