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Verfassungsbeschwerde

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Verfassungsbeschwerde
Zulässigkeit
Begründetheit
Beteiligtenfähigkeit
Prozessfähigkeit
Beschwerdebefugnis
Rechtsschutzbedürfnis
Susbidiarität
Art. 93 GG
Art. 19 GG
§ 13 BVerfGG
§ 104 BVerfGG
§ 23 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
§ 93 BVerfGG
Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Zulässigkeit

    • 1. Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts, Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90ff. BVerfGG

    • 2. Beteiligtenfähigkeit, § 90 I BVerfGG

    • 3. Prozessfähigkeit

    • 4. Beschwerdegegenstand, § 90 I BVerfGG

    • 5. Beschwerdebefugnis, § 90 I BVerfGG

      • a) Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung

      • b) Betroffenheit des Beschwerdeführers

    • 6. Rechtswegserschöpfung und Subsidiarität

      • a) Rechtswegserschöpfung, § 90 II 1 BVerfGG

      • b) Ausnahmen, § 90 II 2 BVerfGG

    • 7. Form, §§ 23 I, 92 BVerfGG

    • 8. Frist, § 93 BVerfGG

    • 9. Rechtsschutzbedürfnis

  • III. Begründetheit

    • 1. Bei Rechtssatzverfassungsbeschwerde

    • 2. Bei Urteilsverfassungsbeschwerde

I. Einleitung

Die Verfassungsbeschwerde ist eine der Verfahrensarten vor dem Bundesverfassungsgericht. Sie ermöglicht es jedem Bürger, sich direkt an das Bundesverfassungsgericht zu wenden, wenn er der Ansicht ist, dass durch Akte der öffentlichen Gewalt seine Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt worden sind und stellt damit die Durchsetzung des Grundrechtsschutzes sicher.

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Merke

Obersatz:

"Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und soweit sie begründet ist."

II. Zulässigkeit

Bezüglich des Obersatzes der Zulässigkeit bestehen ebenfalls keine Unterschiede zum “normalen” Obersatz der Zulässigkeit in sonstigen Klageverfahren.

Klausurtipp

Bis auf die Prozessfähigkeit stehen alle Voraussetzungen im Gesetz!

Merke

Obersatz:

“Die Klage ist zulässig, wenn alle Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind.”

1. Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts, Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90ff. BVerfGG

Im Rahmen der Zulässigkeit ist zunächst die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichts festzustellen.

Gemäß Art. 93 I Nr. 4a GG, §§ 13 Nr. 8a, 90ff. BVerfGG ist das Bundesverfassungsgericht für die Verfassungsbeschwerde zuständig.

Klausurtipp

Hier reicht es in nahezu allen Fällen die Zuständigkeit mit diesem Satz festzustellen.

2. Beteiligtenfähigkeit, § 90 I BVerfGG

Die Beteiligtenfähigkeit des Beschwerdeführers richtet sich nach § 90 I BVerfGG. Demnach kann “Jedermann” - also wer fähig ist, Träger von Grundrechten zu sein - die Verfassungsbeschwerde erheben.

Grundrechtsfähig sind in erster Linie natürliche Personen. Auch juristische Personen können grundrechtsfähig sein, soweit die Grundrechte ihrer Natur nach auf sie anwendbar sind. Dies folgt aus Art. 19 III GG, der juristische Personen des Privatrechts in den Grundrechtsschutz einbezieht, wenn die Grundrechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbar sind.

Beispiel

Zum Beispiel ist das Vermögen eines Unternehmens über Art. 19 III GG von Art. 14 I GG geschützt.

Öffentlich-rechtliche Körperschaften wie der Staat und seine Organe (Behörden, Gemeinden, Universitäten) sind grundsätzlich nicht grundrechtsfähig, da Grundrechte Abwehrrechte gegen den Staat sind. Ein Staat kann nicht Träger von Abwehrrechten gegen sich selbst sein.

3. Prozessfähigkeit

Daneben muss der Beschwerdeführer auch prozessfähig sein.

Definition

Prozessfähig ist, wer in der Lage ist, Prozesshandlungen eigenständig oder durch einen selbst ausgewählten Vertreter vorzunehmen.

Die Prozessfähigkeit richtet sich nach der Geschäftsfähigkeit im Sinne des BGB. Wer geschäftsfähig nach den §§ 104 ff. BGB ist, ist auch prozessfähig.

4. Beschwerdegegenstand, § 90 I BVerfGG

Zulässiger Beschwerdegegenstand der Verfassungsbeschwerde kann gemäß § 90 I BVerfGG jeder Akt der öffentlichen Gewalt sein.

Dabei ist aber zwischen zwei Varianten zu unterscheiden: Der Rechtssatzverfassungsbeschwerde und der Urteilsverfassungsbeschwerde.

Definition

  • Eine Rechtssatzbeschwerde liegt vor, wenn der Akt der öffentlichen Gewalt ein Legislativakt ist.

  • Eine Urteilsverfassungsbeschwerde liegt vor, wenn der Akt der öffentlichen Gewalt ein Judikativakt ist.

5. Beschwerdebefugnis, § 90 I BVerfGG

Der Antragssteller müsste beschwerdebefugt sein.

Dafür muss die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung und eine diesbezügliche persönliche Betroffenheit des Beschwerdeführers vorliegen.

a) Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung

Nach der Möglichkeitstheorie muss die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung bestehen.

Eine Grundrechtsverletzung ist möglich, wenn sie nicht von vornherein ausgeschlossen ist.

Klausurtipp

An dieser Stelle musst du die in Betracht kommenden Grundrechte genau benennen.

b) Betroffenheit des Beschwerdeführers

Bezüglich dieser Grundrechtsverletzung muss der Beschwerdeführer selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen sein.

Wenn er Adressat des Akts der staatlichen Gewalt war, ist er selbst betroffen.

Unmittelbarkeit liegt vor, wenn kein weiterer Vollzugsakt notwendig ist.

Gegenwärtigkeit besteht, wenn die Beeinträchtigung begonnen hat oder zumindest unmittelbar bevorsteht.

Klausurtipp

Hier ist regelmäßig keine ausführliche Prüfung angezeigt, sondern die Betroffenheit kann im verkürzten Gutachtenstil festgestellt werden.

6. Rechtswegserschöpfung und Subsidiarität

Der Grundsatz der Subsidiarität ist ein zentraler Grundsatz und besagt, dass die Verfassungsbeschwerde nur dann zulässig ist, wenn der Beschwerdeführer zuvor alle anderen zumutbaren und rechtlich möglichen Rechtsmittel ausgeschöpft hat. Das Bundesverfassungsgericht ist daher keine "Superrevisionsinstanz", die einfache Rechtsfehler der Fachgerichte überprüft, sondern greift nur dann ein, wenn der Schutz der Grundrechte durch die einfachen Gerichte nicht ausreichend gewahrt wurde.

a) Rechtswegserschöpfung, § 90 II 1 BVerfGG

Gemäß § 90 II 1 BVerfGG müsste der Beschwerdeführer den Rechtsweg erschöpft haben.

Dies ist der Fall, wenn er alle vorherigen, dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden Instanzen erfolglos durchlaufen wurden.

b) Ausnahmen, § 90 II 2 BVerfGG

Eine Ausnahme zum Grundsatz der Rechtswegserschöpfung findet sich in § 90 II 2 BVerfGG.

Demnach kann das Bundesverfassungsgericht auch ohne vorherige Erschöpfung des Rechtswegs über die Verfassungsbeschwerde entscheiden, wenn sie von allgemeiner Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde.

7. Form, §§ 23 I, 92 BVerfGG

Die Formerfordernisse ergeben sich aus den §§ 23 I, 92 BVerfGG.

Nach § 23 I 1 BVerfGG ist der Antrag schriftlich und nach § 23 I 2 BVerfGG begründet einzureichen.

§ 92 BVerfGG konkretisiert § 23 I 2 BVerfGG dahingehend, welche Informationen die Begründung enthalten muss. Demnach sind bei der Begründung der Beschwerde “das Recht, welches verletzt sein soll, und die Handlung oder Unterlassung des Organs oder der Behörde, durch die der Beschwerdeführer sich verletzt fühlt, zu bezeichnen”.

8. Frist, § 93 BVerfGG

Die Frist für die Erhebung der Verfassungsbeschwerde ist in § 93 BVerfGG geregelt und beträgt gemäß § 93 I 1 BVerfGG einen Monat. Die Frist beginnt gemäß § 93 I 2 BVerfGG entweder mit der Zustellung, Verkündung oder Bekanntgabe der Entscheidung. Falls der Beschwerdeführer keine vollständige Abschrift der Entscheidung erhalten hat, kann er diese beantragen und damit die Frist unterbrechen, bis ihm die vollständige Entscheidung zugestellt wird.

9. Rechtsschutzbedürfnis

Ob ein Rechtsschutzbedürfnis besteht, ist nur zu prüfen, wenn sich die Grundrechtsverletzung erledigt hat.

In diesen Fällen besteht ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn ein rechtlich geschütztes Interesse an einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts besteht, wobei dieses Interesse auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts vorliegen muss.

Wenn die vorherigen Sachentscheidungsvoraussetzungen vorliegen, ist in der Regel ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

Merke

Die meisten Voraussetzungen sind aus § 90 BVerfGG zu entnehmen. In § 90 I BVerfGG sind die Beteiligtenfähigkeit, der Beschwerdegegenstand, die Beschwerdebefugnis geregelt. In § 90 II die Subsidiarität und Rechtswegerschöpfung.

III. Begründetheit

Der Obersatz der Begründetheit unterscheidet sich danach, ob eine Rechtssatz- oder Urteilsverfassungsbeschwerde vorliegt.

Dies wurde bereits im Rahmen der Prüfung des Beschwerdegegenstands festgestellt.

1. Bei Rechtssatzverfassungsbeschwerde

Eine Rechtssatzverfassungsbeschwerde ist begründet, soweit der angegriffene Rechtssatz ein Grundrecht oder grundrechtsgleiches Recht des Beschwerdeführers verletzt.

Hier ist dann die normale Prüfung der gegenständlichen Freiheits- oder Gleichheitsgrundrechte vorzunehmen.

Klausurtipp

Welche Grundrechte in Betracht kommen, hast du bereits im Rahmen der Beschwerdebefugnis geprüft.

2. Bei Urteilsverfassungsbeschwerde

Eine Urteilsverfassungsbeschwerde ist begründet, soweit der Beschwerdeführer durch das Urteil oder den durch das Urteil bestätigten Exekutivakt in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt wird.

Es muss sich um eine Verletzung in verfassungsspezifischer Weise handeln.

Definition

Eine Grundrechtsverletzung in verfassungsspezifischer Weise liegt vor, wenn die Verletzung eine grundlegende verfassungsrechtliche Bedeutung hat und nicht nur ein einfacher Rechtsverstoß ist.

Denn nicht jeder Verstoß gegen ein Grundrecht stellt eine verfassungsrechtliche Frage dar, die das BVerfG prüft. Es gibt viele einfache Rechtsverletzungen, die auf der Ebene des Fachrechts gelöst werden (z. B. durch die Fachgerichte wie Verwaltungs- oder Zivilgerichte).

Eine verfassungsspezifische Grundrechtsverletzung hingegen betrifft die Auslegung, den Inhalt oder die Reichweite von Grundrechten und hat oft Einfluss auf das allgemeine Verständnis des Grundrechts. Sie geht daher über eine reine Fachrechtsfrage hinaus und wird auf der Verfassungsebene relevant.

Klausurtipp

Achte genau auf die richtige Formulierung! Wie bei allen Klagearten ist die Klage begründet, “soweit” und nicht “wenn”…!

Hier ist dann ebenfalls die normale Prüfung der gegenständlichen Freiheits- oder Gleichheitsgrundrechte durchzuführen.

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