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Eherechtliche Grundlagen

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft

Teilgebiet

Familienrecht

Thema

Eherechtliche Grundlagen

Tags

Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Begriff und rechtliche Einordnung

    • 1. Definition

    • 2. Abgrenzungen

  • III. Gesetzliche Anknüpfungspunkte

  • IV. Keine Teilhabe am gesetzlichen Erbrecht

  • V. Vermögensausgleich nach dem Scheitern der Lebensgemeinschaft

    • 1. Keine Analogie zum Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB analog)

    • 2. Kein Rückgriff auf das Verlöbnisrecht (§ 1298 BGB analog)

    • 3. Vertragliche Grundlagen

    • 4. Schenkungsrechtliche Rückabwicklung (§§ 530 ff., 812 ff. BGB)

    • 5. Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich (§§ 730 ff. BGB)

    • 6. Bereicherungsrechtlicher Ausgleich wegen Zweckverfehlung (§ 812 I 2 Alt. 2 BGB)

    • 7. Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

I. Einleitung

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist in der heutigen Gesellschaft weit verbreitet. Immer mehr Paare leben dauerhaft zusammen, ohne eine Ehe zu schließen. Trotz dieser gesellschaftlichen Normalität bleibt die nichteheliche Lebensgemeinschaft rechtlich nicht der Ehe gleichgestellt. Sie ist kein gesetzlicher Vertragstyp, sondern ein durch die Privatautonomie geprägtes Lebensverhältnis, das grundsätzlich nach den allgemeinen Regeln des Zivilrechts (Schuld-, Sachen-, Bereicherungs- und Gesellschaftsrecht) beurteilt wird.

Anders als die Ehe ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft nicht durch Art. 6 I GG besonders geschützt. Dieser verfassungsrechtliche Unterschied hat erhebliche Folgen: Es fehlt an einem eigenen familienrechtlichen Regelungssystem, und ein umfassender Vermögens- oder Erbenausgleich ist gesetzlich nicht vorgesehen. Streitigkeiten nach dem Scheitern der Gemeinschaft müssen daher über allgemeine zivilrechtliche Anspruchsgrundlagen gelöst werden.

II. Begriff und rechtliche Einordnung

Zunächst soll es um die Begriffserklärung und die rechtliche Einordnung gehen.

1. Definition

Definition

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft ist das auf Dauer angelegte Zusammenleben zweier Personen, die in einer persönlichen und wirtschaftlichen Beziehung füreinander Verantwortung übernehmen, ohne verheiratet zu sein.

Rechtsdogmatisch handelt es sich um ein tatsächliches Lebensverhältnis, das weder gesetzlich typisiert noch normativ geregelt ist.

2. Abgrenzungen

Die Ehe steht unter dem besonderen Schutz des Art. 6 I GG. Dieser Schutz umfasst auch den gesetzlich ausgestalteten Rahmen, etwa Güterrecht, Versorgungsausgleich und Erbrecht. Eine Gleichstellung der NELG mit der Ehe würde den Schutzbereich dieser Norm aushöhlen.

Ebenso wenig darf die NELG mit der eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) verwechselt werden. Das LPartG (vor der Öffnung der Ehe 2017 von zentraler Bedeutung) stellte gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausdrücklich unter eine gesetzlich geregelte Form des Zusammenlebens, mit familienrechtlicher Anbindung (z. B. §§ 6 ff. LPartG zum Güterstand und § 10 LPartG zum Erbrecht).

Die nichteheliche Lebensgemeinschaft dagegen ist rechtsformfrei, geschlechtsunabhängig und ohne gesetzliche Schutzmechanismen ausgestaltet.

Merke

Während Ehe und Lebenspartnerschaft gesetzlich geregelte Formen partnerschaftlichen Zusammenlebens sind, bleibt die nichteheliche Lebensgemeinschaft rein faktisch und privatrechtlich bestimmt.

III. Gesetzliche Anknüpfungspunkte

Trotz fehlender Gesamtregelung existieren im BGB einzelne Vorschriften, die die faktische Lebensgemeinschaft anerkennen oder berücksichtigen:

  • § 563 II 3 BGB: Eintrittsrecht in den Mietvertrag beim Tod eines Partners bei dauerhaftem gemeinsamen Haushalt.

  • § 1615l BGB: Unterhaltspflicht anlässlich der Geburt eines gemeinsamen Kindes.

  • § 1626a BGB: Gemeinsame elterliche Sorge nicht verheirateter Eltern.

  • § 1766a BGB: Annahme des Kindes des Partners oder der Partnerin.

Diese Vorschriften zeigen: Der Gesetzgeber sieht die NELG, ordnet sie aber bewusst nur punktuell ein.

Dementsprechend bestehen keine eherechtlichen Sonderrechte: kein Zugewinn- oder Versorgungsausgleich, kein besonderes Vertretungsrecht (§ 1357 BGB), kein Steuerrechtsschutz und kein Zeugnisverweigerungsrecht (§ 383 I Nr. 2 ZPO, § 52 I StPO).

IV. Keine Teilhabe am gesetzlichen Erbrecht

Ein wesentlicher Unterschied zur Ehe betrifft das Erbrecht.

Der überlebende Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist nicht gesetzlicher Erbe (§ 1931 BGB).

Er kann nur dann erben, wenn der verstorbene Partner ihn durch Testament oder Erbvertrag als Erben eingesetzt hat.

Auch Pflichtteilsrechte (§§ 2303 ff. BGB) bestehen nicht.

Dies gilt selbst bei jahrzehntelangem Zusammenleben oder gemeinsamen Kindern: Ohne Ehe oder Lebenspartnerschaft bleibt der überlebende Partner erbrechtlich ungeschützt.

Zuwendungen des verstorbenen Partners können ggf. nur bereicherungsrechtlich (§ 812 ff. BGB) oder über das gemeinschaftliche Eigentum (§ 741 ff. BGB) geltend gemacht werden.

Beispiel

A und B leben 20 Jahre unverheiratet zusammen. Nach As Tod ohne Testament erbt allein As Tochter aus erster Ehe (§ 1924 BGB). B geht leer aus, da § 1931 BGB nur Ehegatten begünstigt.

Merke

Ohne Testament oder Erbvertrag besteht kein gesetzliches Erbrecht in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

V. Vermögensausgleich nach dem Scheitern der Lebensgemeinschaft

Nach der Trennung stellt sich die Frage, ob einer der Partner Ausgleichsansprüche hat, wenn er erhebliche finanzielle Leistungen erbracht hat, etwa zur Finanzierung oder Renovierung eines Hauses.

Da ein gesetzliches System fehlt, greifen ausschließlich die allgemeinen Institute des Zivilrechts.

1. Keine Analogie zum Zugewinnausgleich (§ 1378 BGB analog)

Eine analoge Anwendung des Zugewinnausgleichs setzt eine planwidrige Regelungslücke und Vergleichbarkeit voraus.

Beides fehlt aber, da der Gesetzgeber die NELG bewusst ungeregelt gelassen hat, um keinen Widerspruch zu Art. 6 I GG zu schaffen. Ein Anspruch nach § 1378 BGB analog scheidet daher aus.

2. Kein Rückgriff auf das Verlöbnisrecht (§ 1298 BGB analog)

Auch das Verlöbnisrecht ist nicht übertragbar, da es auf eine Eheschließung gerichtet ist.

Es besteht keine planwidrige Lücke und keine vergleichbare Interessenlage.

3. Vertragliche Grundlagen

Besteht eine ausdrückliche Vereinbarung, etwa in Form eines Partnerschaftsvertrags oder eines Darlehens (§ 488 BGB), kann ein Ausgleich auf vertraglicher Grundlage erfolgen.

Ein Darlehen setzt einen klaren Rechtsbindungswillen und eine Rückzahlungsvereinbarung voraus.

In der Praxis scheitert dies regelmäßig, da Zuwendungen aus Zuneigung erfolgen und nicht rechtsgeschäftlich motiviert sind.

4. Schenkungsrechtliche Rückabwicklung (§§ 530 ff., 812 ff. BGB)

Zuwendungen in einer Lebensgemeinschaft, auch einer unehelichen, sind meist gemeinschaftsbezogen und nicht nur einer Seite der Partnerschaft zuzuordnen, da sie auf der Grundlage getätigt werden, dass die Lebensgemeinschaft Bestand haben wird.

Eine Rückforderung wegen Schenkung (§ 531 BGB) kommt daher nur selten in Betracht und ein Widerruf wegen groben Undanks (§ 530 BGB) scheitert auch regelmäßig.

5. Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich (§§ 730 ff. BGB)

Wenn beide Partner mit erkennbarem Rechtsbindungswillen gemeinsam Vermögen schaffen oder verwalten, kann eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) vorliegen.

In diesem Fall kommen Auseinandersetzungsansprüche nach §§ 730 ff. BGB in Betracht.

Fehlt der gemeinsame wirtschaftliche Zweck, scheidet eine GbR aber aus.

Beispiel

A und B leben in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und errichten gemeinsam auf dem Grundstück des B ein Mehrfamilienhaus, das sie vermieten wollen. Beide investieren erhebliche Mittel und verfolgen damit einen gemeinsamen wirtschaftlichen Zweck.

Eine konkludente GbR liegt nahe, wodurch A kann nach Trennung Auseinandersetzungsansprüche (§§ 730 ff. BGB) geltend machen kann.

Hätten A und B dagegen nur gemeinsam gewohnt und das Haus aus privaten Gründen renoviert, läge keine GbR vor.

6. Bereicherungsrechtlicher Ausgleich wegen Zweckverfehlung (§ 812 I 2 Alt. 2 BGB)

Das zentrale Ausgleichsinstrument ist die Zweckverfehlungskondiktion.

Sie greift, wenn eine Leistung in Erwartung eines gemeinsamen Zwecks (z. B. gemeinsame Vermögensbildung oder dauerhaftes Zusammenleben) erbracht wurde und dieser Zweck durch Trennung nicht erreicht wird.

Rechtsfolge ist die Herausgabe oder Wertersatz (§ 818 II BGB), sofern keine Entreicherung (§ 818 III BGB) vorliegt.

Beispiel

A finanziert den Ausbau des Hauses der Partnerin B, weil beide dort „gemeinsam alt werden“ wollen. Nach der Trennung zieht A aus. Der Zweck ist damit verfehlt und A kann Wertersatz verlangen.

Dagegen sind alltägliche Beiträge (Haushalt, Urlaub, Einkäufe) nicht rückforderbar, da ihr Zweck mit der Erbringung erfüllt ist.

7. Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)

Fehlt eine erkennbare Zweckabrede, kann § 313 BGB eingreifen.

Er erfordert eine schwerwiegende Veränderung der gemeinsamen Erwartung und führt regelmäßig nur zu einer Anpassung, nicht zur Rückabwicklung. In der NELG wird diese Vorschrift zurückhaltend angewendet.

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