I. Einleitung
Art. 2 II 2 GG schützt die Bewegungsfreiheit eines Menschen und damit einen elementaren Aspekt menschlicher Autonomie. Daher kommt diesem Grundrecht eine hohe praktische Bedeutung zu. In Grundrechtsklausuren spielt die Fortbewegungsfreiheit im Vergleich zu anderen Freiheitsrechten zwar eine untergeordnete Rolle, was aber nicht bedeutet, dass sie zu vernachlässigen ist.
II. Schutzbereich

1. Persönlicher Schutzbereich
Bei Art. 2 II 2 GG handelt es sich um ein Jedermannsrecht.
2. Sachlicher Schutzbereich
Der sachliche Schutzbereich von Art. 2 II 2 GG umfasst die körperliche Bewegungsfreiheit. Dies umfasst sowohl die positive als auch die negative Bewegungsfreiheit.
a) Positive Bewegungsfreiheit
Definition
Positive Bewegungsfreiheit ist die Freiheit, jeden beliebigen Ort aufzusuchen und die Freiheit, an einem bestimmten Ort nicht bleiben zu müssen. Sie wird daher auch Fortbewegungsfreiheit genannt.
b) Negative Bewegungsfreiheit
Definition
Die negative Bewegungsfreiheit ist die Freiheit jeden beliebigen Ort (von vornherein) zu meiden.
III. Eingriff
Ein Eingriff in Art. 2 II 2 GG ist jede Beeinträchtigung der körperlichen Bewegungsfreiheit.
IV. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung
Bei der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung von Eingriffen in Art. 2 II 2 GG besteht eine Besonderheit. Es ist nach Eingriffen in Form einer Freiheitsentziehung und Eingriffen in Form einer Freiheitsbeschränkung zu differenzieren.
Klausurtipp
Die Abgrenzung von Freiheitsentziehung und Freiheitsbeschränkung kann auch schon auf der Ebene des Eingriffs vorgenommen werden. Da zu diesem Zeitpunkt der Prüfung der Kontext der Abgrenzung bis dahin noch nicht dargelegt wurde, empfiehlt es sich aber, die Abgrenzung erst an dieser Stelle im Rahmen der Rechtfertigung vorzunehmen.
V. Freiheitsentziehung
Definition
Eine Freiheitsentziehung ist die Beschränkung der körperlichen Bewegungsfreiheit auf einen eng umgrenzten Raum. Dies muss für eine mehr als nur kurzfristige Dauer der Fall sein.
Die Rechtsprechung (und gleichzeitig herrschende Ansicht) nimmt bezüglich der Bestimmung der Dauer einer Freiheitsentziehung eine enge Auslegung vor. Demnach bedarf es für das Vorliegen einer Freiheitsentziehung einer massiven Einschränkung für eine ungewöhnliche Dauer. Hierbei handelt es sich ebenfalls um unbestimmte Rechtsbegriffe, welche eine Auslegung im Einzelfall erfordern.
Ein Beispiel dafür ist die Inhaftierung in einem Strafverfahren: Wenn eine Person in Untersuchungshaft genommen wird oder eine Freiheitsstrafe verbüßt, wird ihr die Freiheit entzogen, sich außerhalb der Justizvollzugsanstalt zu bewegen.
Die Einschränkungsmöglichkeit der Fortbewegungsfreiheit findet sich in Art. 2 II 3 GG. Dort heißt es:
„In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“
Dem Wortlaut nach würde also im Kontext der allgemeinen Systematik der Gesetzesvorbehalte hier ein einfacher Gesetzesvorbehalt bestehen. Nach herrschender Meinung besteht hier aber dennoch ein Parlamentsvorbehalt, also das Erfordernis eines formellen Gesetzes als Eingriffsgrundlage. Grund dafür ist Art. 104 I 1 GG. Dort heißt es:
„Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden.“
Hier wird also eindeutig das Erfordernis eines förmlichen (formellen) Gesetzes für jede Art der Beschränkung der Freiheit der Person aufgestellt. Damit gilt dies auch als Konkretisierung der Einschränkungsmöglichkeit der Bewegungsfreiheit.
Weiterhin wird in Art. 104 I 2 GG die Verfahrensregel aufgestellt, dass festgehaltene Personen weder körperlich noch seelisch misshandelt werden dürfen. Zudem enthält Art. 104 GG in II bis IV weitere Anforderungen, welche bei Freiheitsentziehungen zu berücksichtigen sind.
Art. 104 II 1 GG stellt das Erfordernis einer richterlichen Anordnung (= Richtervorbehalt) für Freiheitsentziehungen auf.
Art. 104 III regelt Besonderheiten für die Untersuchungshaft
Art. 104 IV regelt das Benachrichtigungsverfahren in Fällen einer Freiheitsentziehung. Demnach ist bei jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.
Gesetzesverweis
Sofern in deinem Bundesland zulässig, zitiere dir den Art. 104 I 1 GG an den Art. 2 II 2, um dich an den Parlamentsvorbehalt zu erinnern.
1. Freiheitsbeschränkung
Definition
Freiheitsbeschränkungen sind alle Eingriffe in die Bewegungsfreiheit, die keine Freiheitsentziehung darstellen und die körperliche Bewegungsfreiheit nur kurzfristig aufheben.
Beispiel
Meldeauflagen: Eine Person wird verpflichtet, sich regelmäßig bei einer Behörde zu melden, etwa im Rahmen der Führungsaufsicht nach Verbüßung einer Haftstrafe. Hierdurch wird ihre Bewegungsfreiheit nicht vollständig aufgehoben, aber deutlich eingeschränkt.
Für die Einschränkungsmöglichkeit durch eine Freiheitsbeschränkung gilt zunächst das Gleiche, wie für die Freiheitsentziehung. Da sich Art. 104 I 1 GG auf jede Beschränkung der Freiheit bezieht, ist davon auch die Freiheitsbeschränkung in diesem Kontext umfasst.
Der Unterschied zur Freiheitsentziehung besteht darin, dass sich die Verfahrensregeln der Absätze II-IV des Art. 104 GG explizit nur auf Freiheitsentziehungen beziehen und damit nicht auf Freiheitsbeschränkungen anwendbar sind. Somit gilt hier nur die Verfahrensregel des Art. 104 I 2 GG. Damit gilt für Freiheitsbeschränkungen vor allem auch nicht der Richtervorbehalt des Art. 104 II GG.
