Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem fahrlässigen Begehungsdelikt. Fahrlässigkeitsdelikte finden sich im gesamten StGB und haben eine hohe Examensrelevanz, da sie einerseits einen eigenständigen Deliktsaufbau vorweisen und andererseits spezifische Fragestellungen und Probleme aufweisen. Der Artikel zeigt einige Überschneidungen mit den Artikeln zum unechten Unterlassungsdelikt sowie zur Erfolgsqualifikation, sodass diese Themen im Zusammenhang erlernt werden sollten.
I. Allgemeines
Gemäß § 15 StGB ist nur vorsätzliches Handeln strafbar, es sei denn, die Fahrlässigkeitsstrafbarkeit ist ausdrücklich gesetzlich normiert. Das bedeutet, dass der Regelfall des StGB vorsätzliches Handeln und dass fahrlässiges Handeln die Ausnahme ist.
1. Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit
Die Abgrenzung von Vorsatz und Fahrlässigkeit ist ein altbekanntes Problem, das von jedem Jurastudenten beherrscht werden sollte.
Die Frage, ob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln vorliegt, ist anhand des Streits um den dolus eventualis (Eventualvorsatz/bedingter Vorsatz) zu entscheiden. Den Streit rund um den dolus eventualis kannst du dir hier durchlesen.
Merke
Der Fahrlässigkeitstäter will die Tat nicht und nimmt sie auch nicht billigend in Kauf, auch wenn er den Erfolgseintritt für möglich hält. Vielmehr vertraut er fest darauf, dass der Erfolg nicht eintritt, ihm kann kein Vorsatz unterstellt werden. Daraus ergibt sich, dass der Fahrlässigkeitstäter auch keinen Tatentschluss haben kann. Einen “fahrlässigen Versuch” gibt es somit nicht. Ebenso gelten aus demselben Grund die Vorschriften zur Mittäterschaft (§ 25 II StGB) und mittelbaren Täterschaft (§ 25 I 1 Alt. 1 StGB) sowie zur Anstiftung (§ 26 StGB) und Beihilfe (§ 27 I StGB) nicht. Alle Beteiligten müssen nämlich Vorsatz in Bezug auf den tatbestandlichen Erfolg und den Tatbeitrag des anderen Beteiligten vorweisen.
2. Bewusste und unbewusste Fahrlässigkeit
Wie bereits erwähnt, wird die Abgrenzung von fahrlässigem und vorsätzlichem Handeln anhand der Abgrenzung von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit entschieden. Im Rahmen der bewussten Fahrlässigkeit erkennt der Täter also die Möglichkeit des Erfolgseintritts (kognitives Element), findet sich aber nicht mit ihr ab, sondern vertraut fest (voluntatives Element) auf ein Ausbleiben.
Die unbewusste Fahrlässigkeit hat hingegen kein voluntatives Element. Sie zeichnet sich gerade dadurch aus, dass der Täter sorgfaltswidrig die Möglichkeit des Erfolgseintritts verkennt. Er hat also keine innere, willentliche Haltung gegenüber der Möglichkeit des Erfolgseintritts.
Definition
Unbewusst fahrlässig handelt, wer bei einem bestimmten Tun oder Unterlassen die gebotene Sorgfalt außer Acht lässt und infolgedessen den gesetzlichen Tatbestand verwirklicht, ohne dies zu erkennen.
Merke
Vorsatz wird deshalb von der bewussten Fahrlässigkeit abgegrenzt, weil der Täter, der die Möglichkeit des Erfolgseintritts überhaupt erkennt, “näher” am vorsätzlichen Handeln dran ist, als derjenige, der gar nicht erst mit einem Erfolgseintritt rechnet.
3. Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen
Von den reinen Fahrlässigkeitsdelikten sind die Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen zu unterscheiden. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass ein Deliktsteil vorsätzliches Handeln und ein anderer fahrlässiges Handeln voraussetzt und unter Strafe stellt. Im Rahmen der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen ist zwischen den strafbegründenden und den strafschärfenden Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen zu differenzieren.
a) Strafschärfende Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen: Erfolgsqualifikationen
Die Erfolgsqualifikationen als strafschärfende (oder auch: unechte) Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination haben besondere Bedeutung in juristischen Klausuren. Denn Erfolgsqualifikationen sind durch § 18 StGB nur optional Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen. Erfolgsqualifikationen können auch reine Vorsatzdelikte sein. Ebenso bestehen teilweise Besonderheiten hinsichtlich der Schwere des Fahrlässigkeitsvorwurfs. So schreibt der Gesetzgeber in § 251 StGB etwa leichtfertiges Handeln vor.
Den Artikel zu den Erfolgsqualifikationen kannst du dir hier durchlesen.
b) Strafbegründende Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen
Strafbegründende (oder auch: echte) Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen beziehen sich auf konkrete Gefährdungsdelikte und spielen insbesondere bei Straßenverkehrsdelikten eine überragende Rolle. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass der Vorsatzteil des Delikts die eigentliche Tathandlung umfasst, der Vorsatzteil für sich genommen aber nicht strafbar ist. Vielmehr muss der Eintritt einer konkreten Gefahr (konkretes Gefährdungsdelikt) hinzutreten, wobei die Gefahrverursachung fahrlässig geschehen muss. Als Beispiel kann § 315c I Nr. 1 a) Alt. 1, III Nr. 1 StGB dienen:
Vorsätzliche Tathandlung: ”Führen eines Fahrzeugs in fahruntüchtigem Zustand infolge des Genusses alkoholischer Getränke”
Fahrlässige Gefahrenverursachung: ”Gefährdung von Leib und Leben eines anderen Menschen oder einer Sache von bedeutendem Wert”
Die echten/strafbegründenden Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombinationen gelten wegen § 11 II StGB ebenso, wie die Erfolgsqualifikationen als Vorsatzdelikte, sodass ein Versuch hier anders als bei den reinen Fahrlässigkeitsdelikten durchaus in Frage kommt. Beachtet werden muss, dass die Versuchsstrafbarkeit gegeben ist. So ist etwa im Rahmen des § 315c StGB durch § 315c II StGB die Versuchsstrafbarkeit für § 315 I Nr. 1 StGB angeordnet, allerdings gilt diese aufgrund der systematischen Stellung nicht für § 315c III StGB.
Das Prüfungsschema einer echten Vorsatz-Fahrlässigkeitskombination lautet wie folgt:

Merke
Es gibt auch sogenannte Fahrlässigkeit-Fahrlässigkeits-Kombinationen. Diese schreiben vor, dass auch die fahrlässige Vornahme der Tathandlung in Kombination mit der fahrlässigen Erfolgsherbeiführung (Gefahrschaffung) strafbar ist (vergleiche § 315c III Nr. 2 StGB).
4. Abgrenzung von fahrlässigem aktivem Tun und fahrlässigem Unterlassen
Weiterhin ist zu beachten, dass auch ein Fahrlässigkeitsdelikt mit einem Unterlassen (§ 13 I StGB) kombiniert werden kann. Man spricht insoweit von einem fahrlässigen, unechten Unterlassungsdelikt.
Die Abgrenzung von fahrlässigem unechtem Unterlassungsdelikt und fahrlässigem Begehungsdelikt kannst du dir hier durchlesen.
II. Prüfungsschema
Das Prüfungsschema der Fahrlässigkeitsdelikte zeichnet sich dadurch aus, dass es nur einen Tatbestand gibt. Den subjektiven Tatbestand braucht es nicht, da die individuelle Vorwerfbarkeit über die subjektive Fahrlässigkeit im Rahmen der Schuld geprüft wird. Der Fahrlässigkeitsvorwurf beinhaltet eine objektive Pflichtverletzung, die eine Person auch unbewusst verwirklichen kann. Es wäre widersinnig, in einem subjektiven Tatbestand nach der inneren Haltung des Täters zum Erfolgseintritt zu fragen, obwohl er die Möglichkeit des Erfolgseintritts gar nicht erkannte. Daher wird im Rahmen der subjektiven Fahrlässigkeit geprüft, ob das objektiv-fahrlässige Nichterkennen der Möglichkeit des Erfolgseintritts/der Tatbestandsverwirklichung dem Täter auch individuell vorgeworfen werden kann oder ob er aufgrund seiner persönlichen Fähigkeiten nicht zur Verantwortung gezogen werden kann, weil etwa die subjektive Fahrlässigkeit an der subjektiven Vorhersehbarkeit des Erfolgs für den Täter scheitert (und die Prüfung somit an der Schuld scheitert).

III. Gegebenenfalls vorgelagerte Prüfung des entsprechenden Vorsatzdelikts
Handelt der Täter offensichtlich unbewusst fahrlässig, hält er den Erfolgseintritt also nicht für möglich, muss der Streit um die Abgrenzung von fahrlässigem Handeln und vorsätzlichem Handeln nicht geführt werden und eine vorgelagerte Prüfung des entsprechenden Vorsatzdelikts entfällt.
Anders liegt der Fall, wenn der Täter den Erfolgseintritt durch sein Handeln für möglich hält: Die bewusste Fahrlässigkeit verfügt im Gegensatz zur unbewussten Fahrlässigkeit in Übereinstimmung mit dem dolus eventualis ebenfalls über ein kognitives und ein voluntatives Element. Die Abgrenzung von Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit muss dann stets im Rahmen des subjektiven Tatbestands der vorgelagerten Prüfung des entsprechenden Vorsatzdelikts angesprochen und entschieden werden. Erst nach dem Scheitern der Prüfung des Vorsatzdelikts durch den mangelnden Vorsatzvorwurf kann die Prüfung des entsprechenden Fahrlässigkeitsdelikts beginnen.
Beispiel
A und B sind enge Freunde und gehen regelmäßig in einem Baggersee baden. A will den B ärgern und schubst ihn von einer hohen Klippe, von der die beiden schon oft heruntergesprungen sind, deren potentiell tödliche Gefahr aber beiden bewusst ist. Allerdings sind A und B Extremsportler und lieben die Gefahr. Der ansonsten mit Sprüngen aus derartigen Höhen sehr erfahrene B rechnet aber überhaupt nicht mit dem Schubser des A und konnte sich während des freien Falls nicht entsprechend ausrichten. B kommt flach mit dem Bauch auf der Wasseroberfläche auf. B stirbt trotz sofort durch A herbeigerufene Hilfe an inneren Verletzungen.
I. Prüfung des § 212 I StGB
1. Tatbestand
a) Objektiver Tatbestand
aa) Taterfolg (+): Tod
bb) Tathandlung (+): Schubsen
cc) Kausalität (+)
dd) objektive Zurechnung (+)
b) Subjektiver Tatbestand: Vorsatz
aa) Streit rund um den dolus eventualis (Abgrenzung bewusste Fahrlässigkeit/Eventualvorsatz)
bb) Ergebnis: Vorsatz (-) Der B erkannte zwar die Möglichkeit des Erfolgseintritts, jedoch fand er sich gerade nicht mit ihm ab, sondern vertraute fest auf dessen Ausbleiben.
2. Ergebnis § 212 I StGB (-)
II. Prüfung des § 222
1. Tatbestand
a) Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs (+): Tod
b) Tathandlung (+): Schubsen
c) Kausalität (+)
d) Objektive Fahrlässigkeit
aa) Objektive Pflichtwidrigkeit (+):
Schubsen ist objektiv sorgfaltswidrig
bb) Objektive Vorhersehbarkeit (+):
Tod durch unerwarteten Fall aus solcher Höhe auch bei erfahrenem Extremsportler möglich und objektiv vorhersehbar
e) Objektive Zurechnung (+)
2. Rechtswidrigkeit
3. Schuld
a) Subjektive Fahrlässigkeit (+):
aa) Subjektive Pflichtwidrigkeit: Das Schubsen stellt für den A auch gemessen an seinen persönlichen Fähigkeiten und Kenntnissen eine Sorgfaltswidrigkeit dar, weil gerade er als erfahrener Extremsportler die Wichtigkeit vorheriger Konzentration bei waghalsigen Stunts kennen muss.
bb) Subjektive Vorhersehbarkeit Auch war der Tod für den A subjektiv vorhersehbar, da er als erfahrener Extremsportler Erfahrung mit waghalsigen Stunts hat und ihm die Gefährlichkeit eines falschen Aufkommens aus großer Höhe bekannt war.
b) Entschuldigungsgründe (-)
4. Ergebnis: § 222 StGB (+)
IV. Tathandlung
Im Rahmen der Tathandlung muss ein Verhalten des Täters festgestellt werden, das einem aktiven Tun entspricht (zum Schema des fahrlässigen unechten Unterlassungsdelikts siehe hier).
Bei verhaltensgebundenen Fahrlässigkeitsdelikten (§ 315c I i.V.m. 315c III Nr. 2 StGB) ist darauf zu achten, dass das festgestellte aktive Tun des Täters auch der tatbestandlich vorgegebenen Handlung entspricht.
Merke
Im Rahmen der Tathandlung ist noch nicht auf die Frage einzugehen, ob das aktive Tun des Täters auch eine Pflichtverletzung im Sinne der objektiven Fahrlässigkeit darstellt. Das wird später festgestellt.
V. Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs
Hier sind keine Besonderheiten zu beachten. Es muss lediglich der tatbestandlich vorgegebene Erfolg herausgestellt werden (z. B. Tod bei § 222 StGB, körperliche Misshandlung oder Gesundheitsschädigung bei § 229 StGB).
VI. Kausalität
Im Rahmen der Kausalität wird nach der allgemeinen Conditio-sine-qua-non-Formel geprüft, ob die Handlung (aktives Tun) auch kausal für den Erfolgseintritt ist. Den Artikel zur Kausalität kannst du dir hier durchlesen.
Merke
Es mag dir vielleicht schon aufgefallen sein:
Die objektive Zurechnung wird bei Fahrlässigkeitsdelikten (egal ob durch Unterlassung oder aktives Tun) nicht direkt nach der Kausalität geprüft, sondern erst nach der Feststellung der objektiven Fahrlässigkeit. Während die Kausalität irgendein Handeln oder Unterlassen dem Erfolg kausal zuordnet, muss im Rahmen der objektiven Fahrlässigkeit geprüft werden, ob dieses kausale Handeln oder Unterlassen auch objektiv pflichtwidrig und vorhersehbar war.
Die im Anschluss zu prüfende objektive Zurechnung hat bei Fahrlässigkeitsdelikten nämlich nicht nur den Zweck, die Kausalität irgendeines Handelns oder Unterlassens einzuschränken, sondern begrenzt durch die Fallgruppe des Pflichtwidrigkeitszusammenhangs explizit auch die Verantwortlichkeit für ein an sich pflichtwidriges Handeln oder Unterlassen.
Es wäre aufbaulogisch inkonsequent, direkt nach der Feststellung der Kausalität auf ein rechtmäßiges hypothetisches Alternativverhalten einzugehen (d. h. Feststellung, dass der Erfolg auch ohne Pflichtverletzung eingetreten wäre —> siehe dazu weiter unten auch zur Ingerenz). Denn hierfür muss zunächst einmal festgestellt worden sein, dass eine Pflichtwidrigkeit vorliegt.
Daher:
Erst die Kausalität irgendeines Handelns oder Unterlassens feststellen,
dann prüfen, ob dieses Handeln oder Unterlassen auch pflichtwidrig war und
dann prüfen, ob die objektive Zurechnung durch die Fallgruppen, insbesondere den Pflichtwidrigkeitszusammenhang (hypothetisch rechtmäßiges Alternativverhalten) ausgeschlossen ist.
VII. Objektive Fahrlässigkeit
Im weiteren Verlauf muss nun geprüft werden, ob das für den Erfolgseintritt kausale aktive Tun auch die objektive Fahrlässigkeit begründet. Dafür muss die Tathandlung als objektive Pflichtwidrigkeit qualifizierbar sein und der Erfolg müsste objektiv vorhersehbar sein.
Definition
Objektiv fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt, also sorgfaltswidrig handelt, obwohl der Erfolg vorhersehbar war.
1. Objektive Pflichtwidrigkeit/Sorgfaltswidrigkeit
Der Prüfungspunkt der objektiven Pflichtwidrigkeit stellt sicher, dass in dem kausalen, aktiven Tun oder Unterlassen des Täters ein Verhalten zu sehen ist, das nicht den vorherrschenden Sorgfaltsanforderungen entspricht, die ein besonnener und gewissenhafter Mensch aus dem jeweiligen Verkehrskreis in der konkreten Situation eingehalten hätte. Die Pflichtwidrigkeit grenzt rechtmäßiges kausales Verhalten von einem strafrechtlich vorwerfbaren kausalen Fehlverhalten ab und verhindert, dass jede kausale Verbindung zwischen dem Verhalten und dem Erfolg strafrechtlich relevant wird.
Definition
Objektiv sorgfaltswidrig/pflichtwidrig handelt, wer in der konkreten Situation und unter Berücksichtigung der sozialen Rolle des Täters anders vorgegangen ist, als es ein besonnener und gewissenhafter Mensch ex ante getan hätte.
2. Objektive Vorhersehbarkeit
Der Prüfungspunkt der objektiven Vorhersehbarkeit stellt sicher, dass der Erfolgseintritt oder der durch das Verhalten des Täters herbeigeführte Geschehensablauf aus der Perspektive eines objektiven, besonnenen und gewissenhaften Dritten ex ante erkennbar war. Dies verhindert eine übermäßige Haftung des Täters für außergewöhnliche, atypische und nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht vorhersehbare Ereignisse.
Definition
Objektiv vorhersehbar ist das, was eine vernünftige Person aus dem gleichen Umfeld des Täters unter den gegebenen Umständen und basierend auf allgemeiner Lebenserfahrung hätte erwarten können.
VIII. Objektive Zurechnung
Im Rahmen der Fahrlässigkeitsdelikte ist der Pflichtwidrigkeitszusammenhang bei hypothetisch rechtmäßigem Alternativverhalten von entscheidender Bedeutung. Dieser stellt sicher, dass der eingetretene Erfolg kausal auf das pflichtwidrige Verhalten des Täters zurückzuführen ist und nicht auch bei rechtmäßigem Verhalten unvermeidbar eingetreten wäre - nur dann kann das Verhalten als pflichtwidrig angesehen werden. Er dient also der Begrenzung der Fahrlässigkeitshaftung auf solche Fälle, in denen das pflichtwidrige Verhalten tatsächlich ursächlich für den Erfolg war.
Mehr zur objektiven Zurechnung und der Fallgruppe des hypothetisch rechtmäßigen Alternativverhaltens kannst du dir hier durchlesen.
Vernetztes Lernen
Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang wird auch bei den Garantenstellungen im Rahmen der Ingerenz relevant. Hier ist es gerade fraglich, ob das pflichtwidrige Vorverhalten ebenfalls einen Pflichtwidrigkeitszusammenhang zum eingetretenen Erfolg aufweisen muss. Der Pflichtwidrigkeitszusammenhang ist ebenso im Rahmen des fahrlässigen unechten Unterlassungsdelikts zu beachten.
IX. Subjektive Fahrlässigkeit
Die subjektive Fahrlässigkeit wird in der Schuld geprüft und stellt - wie bereits erwähnt - sicher, dass dem Täter die Tat persönlich vorwerfbar ist, da er die erforderliche Sorgfalt nicht beachtet hat, obwohl er nach seinen individuellen Fähigkeiten und Kenntnissen dazu in der Lage gewesen wäre.
Definition
Subjektive Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die objektive Sorgfaltswidrigkeit dem Täter nach seinen individuellen Fähigkeiten und dem Maß des individuellen Könnens auch subjektiv vorgeworfen werden kann und der Erfolg auch subjektiv vorhersehbar war.
Merke
Die subjektive Fahrlässigkeit wird in den meisten Fällen unproblematisch vorliegen. Ausnahmen ergeben sich nur bei physischen oder psychischen Einschränkungen und dem Vorliegen von asthenischen Affekten (extreme Verwirrung, Panik, Furcht etc.).