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Bestandteile von Willenserklärungen

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Willenserklärung
Rechtsbindungswille
Gefälligkeit
Erklärungsbewusstsein
§ 116 BGB
§ 117 BGB
§ 118 BGB
§ 119 BGB
§ 311 BGB
Gliederung
  • I. Subjektiver Erklärungstatbestand

    • 1. Handlungswille

    • 2. Erklärungsbewusstsein

      • a) Rechtsbindungswille

        • aa) Willensvorbehalte

          • aaa) Geheimer Vorbehalt

          • bbb) Scheingeschäft

          • ccc) Scherzgeschäft 

      • b) Gefälligkeitsverhältnisse

        • aa) Abgrenzung zwischen Gefälligkeit und rechtlicher Bindung

        • bb) Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Charakter

    • 3. Geschäftswille

  • II. Objektiver Erklärungstatbestand

Die Willenserklärung ist die Äußerung, irgendeine rechtliche Folge auslösen zu wollen. Damit sie dies tun kann, muss sie verschiedene Bestandteile enthalten. Die Willenserklärung erfordert daher einen objektiven und einen subjektiven Erklärungstatbestand.

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I. Subjektiver Erklärungstatbestand

Der subjektive oder auch innere Erklärungstatbestand setzt sich aus dem Handlungswillen, dem Erklärungsbewusstsein und dem Geschäftswillen zusammen, deren Fehlen unterschiedliche Rechtsfolgen haben kann.

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1. Handlungswille

Zunächst ist erforderlich, dass der Erklärende seine Erklärung mit Handlungswillen abgibt. 

Definition

Der Handlungswille ist definiert als der Wille, den äußeren Tatbestand einer Erklärung herbeizuführen.

Er fehlt lediglich bei Reflexen und vis absoluta, also willensausschließender Gewalt. Ein fehlender Handlungswille schließt das Vorliegen einer Willenserklärung aus.

2. Erklärungsbewusstsein

Einen weiteren subjektiven Bestandteil der Willenserklärung stellt das Erklärungsbewusstsein (respektive der sogenannte Rechtsbindungswille) dar. 

Definition

Mit dem Erklärungsbewusstsein ist die Kenntnis der rechtlichen Relevanz des Handelns gemeint.

Ob trotz fehlendem Erklärungsbewusstsein eine wirksame Willenserklärung gegeben sein kann, ist umstritten.

Problem

Beispiel

Der ortsfremde O betritt ahnungslos eine Gaststätte, in der gerade eine Weinversteigerung stattfindet. Er entdeckt unter den Anwesenden einen Bekannten und winkt ihm zu. Prompt fällt der Hammer des Versteigerers.

Muss O das ihm zugeschlagene Fass Wein abnehmen und bezahlen?

Lösung

O muss das ihm zugeschlagene Fass Wein abnehmen und bezahlen, wenn gegen ihn ein entsprechender Anspruch aus Kaufvertrag gemäß § 433 II BGB besteht.

Demnach müsste ein wirksamer Kaufvertrag bestehen.

Bei einer Versteigerung kommt ein Vertrag zustande, indem der Versteigerer auf ein Gebot (i.d.R. durch Heben der Hand) den Zuschlag im Sinne des § 156 BGB erteilt. Mithin stellt sich die Frage, ob O durch sein Winken eine wirksame Willenserklärung abgegeben hat.

Legt man den Erklärungsgehalt des Winkens aus der Sicht eines objektiven Dritten gemäß §§ 133, 157 BGB aus, gelangt man zu dem Ergebnis, dass ein objektivierter Erklärungsempfänger das Winken auf einer Weinversteigerung als Abgabe eines Gebots und damit als Willenserklärung auffasst. Damit ist der objektive Erklärungstatbestand gegeben.

Fraglich ist jedoch, ob der subjektive Erklärungstatbestand ebenfalls vorliegt. Der innere Tatbestand einer Willenserklärung setzt sich aus Handlungswillen, Erklärungsbewusstsein und Geschäftswillen zusammen. Da O durch das Winken lediglich einen Bekannten grüßen wollte, verkannte er die rechtliche Relevanz seines Verhaltens. Er handelte ohne Erklärungsbewusstsein.

Hätte der Versteigerer das Fehlen des Erklärungsbewusstseins des O nicht erkannt, wäre die Willenserklärung nichtig. Dies ist jedoch nicht geschehen, sodass sich die Frage stellt, welche Folgen das Fehlen des Erklärungsbewusstseins mit sich bringt.

Streitstand

  • Nach der Willenstheorie (Nichtigkeitslösung) ist die Willenserklärung bei fehlendem Erklärungsbewusstsein gemäß § 118 BGB analog nichtig, da der Erklärende die rechtliche Relevanz seines Verhaltens verkannt hat (Argument: Wenn schon eine nicht ernstliche gemeinte Willenserklärung nichtig ist, muss dies erst recht für eine gar nicht gewollte Willenserklärung gelten). Damit wäre die Willenserklärung des O in Gestalt des Winkens nichtig. Der Willenstheorie ist jedoch entgegenzusetzen, dass sie den Erklärungsempfänger, welcher den Mangel des subjektiven Erklärungstatbestands nicht erkannt hat und damit vom Bestehen einer Willenserklärung ausging, benachteiligt (Argument: Schutz des Rechtsverkehrs). Sie gilt heute als überholt. Außerdem ist der Vergleich zu § 118 BGB fehlerhaft, da § 118 BGB die wissentlich nicht ernst gemeinte Erklärung betrifft. Hier geht es jedoch darum, dass der Erklärende zurechenbar nicht erkannt hat, dass der Rechtsverkehr seine Erklärung ernst nimmt.

  • Mit der Erklärungstheorie könnte man auch auf den objektiven Eindruck abstellen. Hiernach liegt eine Willenserklärung vor, wenn der Erklärende aus objektiver Sicht eine Willenserklärung abgibt. Diese Erklärung wäre aber gemäß § 119 I Fall 2 BGB analog anfechtbar. Denn wenn schon bei einem Erklärungsirrtum ein Anfechtungsgrund vorliegt - also wenn das objektiv Erklärte vom subjektiv Gewollten abweicht -, muss dies erst recht dann gelten, wenn es schon gar kein Erklärungsbewusstsein gibt (und es dementsprechend gar kein „subjektiv Gewolltes“ gibt).  Diese Ansicht ist aber abzulehnen, da sie dem Erklärenden selbst dann eine Willenserklärung zuschreibt, wenn er bei Ausübung pflichtgemäßer Sorgfalt nicht erkennen konnte, dass er gerade eine Willenserklärung abgibt. Dies benachteiligt ihn einseitig.

  • Um die eben genannte Benachteiligung des Erklärenden abzumildern, hat sich die Lehre vom potentiellen Erklärungsbewusstsein (Lehre von der Erklärungsfahrlässigkeit) herausgebildet. Nach dieser ist die Zurechenbarkeit des Erklärungsanscheins maßgeblich:  Soweit der Handelnde bei Einhaltung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt nicht erkennen konnte, dass für einen vernünftigen Erklärungsempfänger sein Erklärungsbewusstsein vorzuliegen schien, war sein "Irrtum" unvermeidbar. Es mangelt an einer Erklärungsfahrlässigkeit. Die Erklärung ist aufgrund der fehlenden Zurechenbarkeit nichtig. Es besteht weder ein Schadensersatzanspruch aus § 122 I BGB noch ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. Hätte der Handelnde wiederum erkennen können, dass für einen vernünftigen Empfänger sein Erklärungsbewusstsein vorzuliegen schien, war sein "Irrtum" vermeidbar. Damit ist eine Erklärungsfahrlässigkeit gegeben. Die Erklärung ist zurechenbar und damit nicht allein aufgrund des fehlenden Erklärungsbewusstseins nichtig. Für eine wirksame Willenserklärung ist nur ein potentielles Erklärungsbewusstsein erforderlich. Sie ist gemäß § 119 I Fall 2 BGB analog anfechtbar. Die Anfechtung kann jedoch Schadensersatzpflichten aus § 122 I BGB und c.i.c. nach sich ziehen. Es liegt jedoch dann auch bei Vorliegen potentiellen Erklärungsbewusstseins keine Willenserklärung vor, wenn der Erklärungsempfänger positiv wusste, dass der Erklärende keine Willenserklärung abgibt, da er insoweit nicht schutzwürdig ist.

Positiv an der Lehre vom potentiellen Erklärungsbewusstsein ist, dass sie sich um eine vermittelnde Lösung bemüht und aufgrund der Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls und der Schutzwürdigkeit der Parteien zu sachgerechten Ergebnissen kommt.

O konnte bei Einhaltung der im Rechtsverkehr erforderlichen Sorgfalt erkennen, dass für einen vernünftigen Erklärungsempfänger in der Position des Versteigerers das Erklärungsbewusstsein vorzuliegen schien. Damit unterlag er lediglich einem vermeidbaren Irrtum. Es besteht eine Erklärungsfahrlässigkeit des O. Die Willenserklärung durch das Winken ist ihm zurechenbar und damit wirksam. Sie stellt ein Angebot des O dar. Dieses wurde durch den Zuschlag des Versteigerers gemäß § 156 BGB angenommen. Damit ist ein Kaufvertrag im Sinne des § 433 BGB zustande gekommen. Unwirksamkeitsgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt es an einer Anfechtungserklärung des O gemäß § 143 I BGB.

O ist aus Kaufvertrag gemäß § 433 II BGB dazu verpflichtet, das zugeschlagene Fass Wein zu bezahlen und abzunehmen.

a) Rechtsbindungswille

Der Begriff des Rechtsbindungswillens ist ein Teil des Erklärungsbewusstseins, wird aber oft auch synonym mit dem Erklärungsbewusstsein verwendet:

Definition

Das Erklärungsbewusstsein ist das Wissen, dass eine Erklärung einen rechtlichen Gehalt hat - der Rechtsbindungswille ist das Wollen dieser Rechtswirkung.

aa) Willensvorbehalte

Während bei fehlendem Erklärungsbewusstsein Wille und Erklärung unbewusst auseinanderfallen, ist dem Erklärenden in der Form der §§ 116 - 118 BGB die Divergenz von Wille und Erklärung bewusst. Geheimer Vorbehalt, Scheinerklärung und Scherzerklärung haben gemeinsam, dass das Erklärte nicht gewollt ist. Es handelt sich um bewusste Willensmängel, um sogenannte Willensvorbehalte.

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aaa) Geheimer Vorbehalt

Durch den geheimen Vorbehalt im Sinne des § 116 BGB will der Erklärende den Erklärungsempfänger täuschen. Der geheime Vorbehalt wird auch als Mentalreservation bezeichnet. 

Definition

Beim geheimen Vorbehalt behält sich der Erklärende insgeheim vor, das Erklärte nicht zu wollen, während für den Erklärungsempfänger eine „perfekte“ Willenserklärung vorzuliegen scheint. 

Nach § 116 S. 1 BGB führt der geheime Vorbehalt nicht zur Nichtigkeit der Willenserklärung. 

Kennt der Empfänger jedoch den Vorbehalt und weiß damit, dass der Rechtsbindungswille fehlt, ist er nicht schutzwürdig. Die Willenserklärung ist gemäß § 116 S. 2 BGB nichtig. 

bbb) Scheingeschäft

Durch ein Scheingeschäft nach § 117 BGB wollen die Vertragsparteien Dritte oder gar den Rechtsverkehr täuschen. Bestandteil des Scheingeschäfts ist mindestens eine Scheinerklärung. 

Definition

Bei einer Scheinerklärung handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die mit Einverständnis des Erklärungsempfängers nur zum Schein abgegeben wird. 

Im Rahmen des Einverständnisses ist ein tatsächlicher Wille ausreichend. Da es sich um einen faktischen und keinen rechtsgeschäftlichen Konsens handelt, kann dieser auch unter Beteiligung von beschränkt Geschäftsfähigen oder Geschäftsunfähigen gebildet werden.

Die Scheinerklärung ist nach § 117 I BGB nichtig. 

Vertrauen Dritte auf die Gültigkeit des Geschäfts, werden sie durch §§ 405, 892 f., 932 - 935 BGB geschützt.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir die §§ 405, 892 f., 932- 935 BGB neben den § 117 I BGB kommentieren.

Bloße Kenntnis von der Abgabe der Willenserklärung nur zum Schein genügt jedoch nicht im Rahmen des § 117 I BGB. Die Erklärung ist dann aber nach § 116 S. 2 BGB nichtig. 

Beispiel


Sachverhalt
Ein notarieller Grundstückskaufvertrag weist aus steuerlichen Gründen einen Kaufpreis von 400.000 € aus, obwohl tatsächlich 500.000 € vereinbart waren.

Kann der Käufer K vom Verkäufer V Auflassung verlangen?

Lösung
K könnte gegen V einen Anspruch auf Auflassung des Grundstücks aus Kaufvertrag gemäß § 433 I 1 BGB haben. 

Dies setzt voraus, dass ein wirksamer Kaufvertrag zwischen K und V besteht. 
Der beurkundete Vertrag besteht aus Scheinerklärungen, da K und V einen Kaufpreis von 400.000 € nicht gewollt und die entsprechenden Willenserklärungen nur zum Schein abgegeben haben.  Er ist damit nach § 117 I BGB als Scheingeschäft nichtig. 
Für den verdeckten Vertrag, der einen Kaufpreis von 500.000 € aufweist, gilt § 117 II BGB. Hiernach sind die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften anwendbar. Nach § 311b I 1 BGB bedarf der Kaufvertrag über ein Grundstück einer notariellen Beurkundung. An einer solchen fehlt es hier. Es wurde lediglich das Scheingeschäft notariell beurkundet. Der verdeckte Kaufvertrag ist damit nach § 125 S. 1 BGB formnichtig.
Da kein wirksamer Kaufvertrag zwischen V und K besteht, hat K gegen V keinen Anspruch auf Auflassung aus § 433 I 1 BGB.  

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir den § 125 S. 1 BGB neben den § 117 II BGB kommentieren, um eine etwaige Formnichtigkeit des verdeckten Geschäfts nicht zu übersehen.

Im Zusammenhang mit § 117 BGB ist auch eine sogenannte Unterverbriefung möglich.

Beispiel

Um einen höheren Bankkredit zu erhalten, weist ein notarieller Grundstückskaufvertrag einen Kaufpreis von 500.000 € aus, obwohl tatsächlich 400.000 € vereinbart waren. 

ccc) Scherzgeschäft 

Durch ein Scherzgeschäft nach § 118 BGB will der Erklärende schließlich niemanden täuschen, sondern hofft, dass die andere Person den „Scherz“ erkennen wird. 

Definition

Bei einer Scherzerklärung handelt es sich um eine Willenserklärung, die nicht ernstlich gemeint ist.

Hinsichtlich der Folgen einer Scherzerklärung ist zu differenzieren:

  • Erkennt der Empfänger, dass die Erklärung nicht ernstlich gemeint war, ist diese schon nach allgemeinen Regeln nichtig. Wird der fehlende Rechtsbindungswille als Mangel des subjektiven Erklärungstatbestand erkannt, vertraut der Empfänger nicht auf das Bestehen einer Willenserklärung. 

  • Verkennt der Empfänger demgegenüber den Mangel der Ernstlichkeit, kann § 118 BGB oder § 116 S. 1 BGB eingreifen: 

(1) Wird die Willenserklärung in der Erwartung abgegeben, der Mangel der Ernstlichkeit werde erkannt, ist § 118 BGB einschlägig. Die Willenserklärung ist als Scherzerklärung nichtig. Es handelt sich um einen „gutartigen“ Scherz ohne Täuschungsabsicht.

(2) Ist eine Erklärung nicht ernstlich gemeint und rechnet der Erklärende damit, der Empfänger werde den Mangel der Ernstlichkeit verkennen, so ist § 116 S. 1 BGB einschlägig. Beim „bösen“ Scherz ist die Willenserklärung damit nicht deshalb nichtig.

(3) Erkennt der Erklärende erst nachträglich, dass der Empfänger die Erklärung ernst nimmt und klärt er ihn nicht auf, wird die Willenserklärung zu einem „bösen“ Scherz. Sie gemäß § 116 S. 1 BGB nicht deshalb nichtig.

Hat der Empfänger verkannt, dass der Erklärende ein Scheingeschäft vornehmen wollte und dessen Erklärung ernst genommen, fehlt es an einem Einverständnis im Sinne des § 117 I BGB. Das Scheingeschäft ist misslungen. Es ist dann nicht nach § 117 I BGB sondern nach § 118 BGB analog nichtig. Der Erklärende schuldet nach § 122 I BGB Schadensersatz.

b) Gefälligkeitsverhältnisse

aa) Abgrenzung zwischen Gefälligkeit und rechtlicher Bindung

Der Rechtsbindungswille fehlt nicht nur bei den Willensvorbehalten im Sinne der §§ 116 - 118 BGB, sondern auch, wenn der Erklärende nur eine Gefälligkeit vornehmen will, anstatt sich rechtlich zu binden.

Willenserklärungen zielen auf einen rechtlichen Erfolg ab. Sie setzen also den Willen voraus, eine rechtliche Verpflichtung einzugehen.

Von den Willenserklärungen sind Erklärungen abzugrenzen, die die bloße Zusage einer Gefälligkeit beinhalten. 

Definition

Unter einer Gefälligkeit ist eine "Verpflichtung" auf rein gesellschaftlicher/sozialer Ebene zu verstehen. 

Die Parteien der Gefälligkeit haben keinen Rechtsbindungswillen und wollen daher keinen Vertrag abschließen. Das Vorliegen des Rechtsbindungswillens stellt das entscheidende Abgrenzungskriterium zwischen Willenserklärung und Gefälligkeit dar.

Beispiel

Zusage die Blumen des Nachbarn zu gießen, wenn dieser im Urlaub ist; Versprechen an einen Freund ihn mit dem Auto abzuholen

Ob ein Rechtsbindungswille im konkreten Fall besteht, ist im Wege der Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont unter der Berücksichtigung der Verkehrsauffassung zu ermitteln (§§ 133, 157 BGB analog  - Argument für die Analogie: Mangels Rechtsbindungswille kann nicht der Wille einer Willenserklärung ausgelegt werden. Insofern besteht ein Bedürfnis für eine Analogie).

Merke

Bezugspunkt des Rechtsbindungswillens sind die primären Leistungspflichten. Es ist also nicht beachtlich, ob und inwiefern die Person das Risiko von sekundären Leistungspflichten wie Schadensersatz gesehen hat.

Hierbei erweist sich der Rückgriff auf folgende Indizien als hilfreich:

  • Zweck der Erklärung (Gegenleistung oder bloße Hilfsbereitschaft?)

  • erkennbare wirtschaftliche oder ideelle Bedeutung

  • betroffene Interessen (Dauerhaftigkeit?)

  • erkennbare Risiken (vor allem Haftung), die mit der Übernahme einer rechtsgeschäftlichen Bindung verbunden sind

  • Art des Geschäfts

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Merke

Keine Gefälligkeit, sondern ein "normaler" Vertragstyp sind die Gefälligkeitsverhältnisse mit rechtsgeschäftlichem Charakter (§§ 616, 598, 688 BGB). Hier besteht Rechtsbindungswille und es wird ein Vertrag mit allen Rechten und Pflichten abgeschlossen.

Das Gefälligkeitsverhältnis begründet keine Erfüllungsansprüche. Es kann jedoch Rechtsgrund im Sinne des § 812 I 1 Alt. 1 BGB sein und steht etwaigen Schadensersatzansprüchen nicht entgegen. Siehe hierzu jedoch den Artikel zu der Haftungsprivilegierung bei Gefälligkeitsverhältnissen.

bb) Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Charakter

Problem

Rechtsnatur des Gefälligkeitsverhältnisses mit rechtsgeschäftlichem Charakter (oder: Rechtsgeschäftsschuldverhältnis)

Manchmal ist die Abgrenzung zwischen Rechtsgeschäft und bloßer Gefälligkeit problematisch. Das betrifft solche Fälle, in denen durchaus eine gewisse Verbindlichkeit hergestellt werden soll, beispielsweise aufgrund des Werts des Vertragsgegenstandes, aber dennoch kein (im Ergebnis) einklagbarer Anspruch gegeben sein soll. Diese Konstellation betrifft das Gefälligkeitsschuldverhältnis. 

Definition 

Es handelt sich um ein Gefälligkeitsverhältnis mit rechtsgeschäftlichem Charakter, welches ein besonderes rechtliches Interesse an der fehlerfreien und vereinbarungsgemäßen Durchführung der Leistung erfordert.

Merke

Entscheidend ist - analog zum Gefälligkeitsverhältnis - ob Rechtsbindungswille hinsichtlich der vertraglichen Nebenpflichten besteht.

Normativer Anknüpfungspunkt für das Gefälligkeitsschuldverhältnis ist § 311 II Nr. 3 BGB ("ähnlicher geschäftlicher Kontakt"). Gefälligkeitsschuldverhältnisse führen zu Schutzpflichten im Sinne des § 241 II BGB und können damit zu Schadensersatzansprüchen aus c.i.c. gemäß §§ 280 I, 241 II, 311 II Nr. 3 BGB führen.

Teilweise wird gegen ein solches Institut angeführt, dass es systemwidrig sei, da es eine an das Vertragsrecht angelehnte Haftung ohne Rechtsbindungswillen nicht gibt. Für die Annahme eines solchen Instituts spricht jedoch, dass derjenige, der im Rahmen einer Gefälligkeit eine Sache stellt (beispielsweise ein Auto) unter Umständen keinerlei Ansprüche gegen seinen "Gefälligkeitspartner" geltend machen könnte, wenn eine dritte Person einen Schaden verursacht.

3. Geschäftswille

Der Rechtsbindungswille ist vom sogenannten Geschäftswillen (oder auch: Rechtsfolgenwille) abzugrenzen. Beide sind jeweils einer von mehreren juristischen Aspekten eines einheitlichen psychologischen Willens. 

Mittels des Begriffs des Rechtsbindungswillens wird die Frage beantwortet, ob Rechtswirkungen und Rechtsänderungen gewollt sind. 

Mittels des Begriffs des Geschäftswillens wird die Frage beantwortet, welche Rechtswirkungen oder Rechtsänderungen gewollt sind. 

Definition

Der Geschäftswille umfasst das Wollen eines rechtlich gesicherten, wirtschaftlich anerkannten Erfolgs. 

Er setzt nicht voraus, dass der Erklärende eine ins Detail gehende Vorstellung über die rechtstechnische Herbeiführung des angestrebten wirtschaftlichen Erfolgs hat. Eine Willenserklärung kann auch solche Rechtswirkungen erzeugen, von denen der Erklärende mangels Rechtskenntnis keine klaren Vorstellungen hat. Der Erklärende muss keine Rechtskenntnisse haben und braucht daher auch keine klaren Vorstellungen von den Rechtsfolgen zu besitzen. Die Kenntnis rechtlicher Details gehört ebenfalls nicht zum Rechtsfolgewillen. 

Ein fehlender Rechtsfolgewille ist für das Vorliegen einer wirksamen Willenserklärung unbeachtlich. Hat sich der Erklärende über die genauen Rechtswirkungen geirrt, bleibt für ihn die Möglichkeit der Anfechtung nach §§ 119 ff. BGB, um die Bindungswirkung der Willenserklärung zu beseitigen. 

II. Objektiver Erklärungstatbestand

Der subjektive Wille verwirklicht sich in seiner Äußerung. Im Rahmen dieses objektiven Erklärungstatbestands ist ein Sachverhalt erforderlich, der überhaupt einen Schluss auf das Vorliegen des inneren Erklärungstatbestands (also Handlungswille, Erklärungsbewusstsein, Geschäftswille) zulässt - also irgendeine nach außen durch Dritte erkennbare Handlung.

Dies ist im Wege der natürlichen und der normativen Auslegung zu bestimmen. Siehe dazu auch diesen Artikel.

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