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Eigentumserwerb & Verfügungen

§ 929 S. 1 BGB

Teilgebiet

Mobiliarsachenrecht

Thema

Eigentumserwerb & Verfügungen

Tags

Übereignung
Gutgläubiger Erwerb
§ 929 BGB
§ 932 BGB
§ 855 BGB
§ 104 BGB
§ 828 BGB
§ 137 BGB
§ 1365 BGB
§ 1369 BGB
§ 2113 BGB
§ 2211 BGB
§ 135 BGB
§ 136 BGB
§ 1985 BGB
§ 2205 BGB
§ 185 BGB
§ 935 BGB
§ 366 HGB
Gliederung
  • I. Einleitung

  • II. Voraussetzungen nach § 929 S. 1 BGB

    • 1. Einigung

      • a) Bestimmtheit

      • b) Einigung unter Einschaltung Dritter

    • 2. Übergabe

      • a) Übergabe unter Einschaltung Dritter

      • b) Geheißerwerb

      • c) Einverständnis des Veräußerers mit der Eigenbesitzbegründung

        • aa) Übergabe durch Geschäftsunfähige

        • bb) Übergabe durch beschränkt Geschäftsfähige

        • cc) Übergabe infolge eines Irrtums/ aufgrund arglistiger Täuschung

        • dd) Übergabe infolge einer Drohung

    • 3. Einigsein

    • 4. Verfügungsbefugnis

      • a) Verfügungsbefugnis des Eigentümers

        • aa) Absolute und relative Verfügungsbeschränkungen

      • b) Verfügungsbefugnis eines Nichteigentümers

  • III. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten, §§ 929 S. 1, 932 I 1 Hs. 1 BGB

I. Einleitung

Die §§ 929 ff. BGB befassen sich mit der Eigentumsübertragung an beweglichen Sachen (= Mobilien). Im Gegensatz hierzu ist die Eigentumsübertragung an Immobilien und beschränkten dinglichen Rechten in den §§ 873 ff. BGB geregelt.

Definition

Bewegliche Sachen oder Mobilien sind solche, die einen realen dreidimensionalen Körper haben und dadurch von anderen Objekten räumlich getrennt sind. 

Negativ formuliert: Bewegliche Sachen sind weder Grundstücke noch wesentliche Bestandteile eines Grundstücks.

Im Gegensatz zum Strafrecht spielt die tatsächliche Fortbewegungsmöglichkeit der Sache keine Rolle. 

Wie alle Verfügungen über Sachen sind Mobiliarverfügungen zweiaktige Rechtsgeschäfte, die gewissen Voraussetzungen unterliegen.

II. Voraussetzungen nach § 929 S. 1 BGB

Die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung nach § 929 S. 1 BGB setzt eine Einigung, eine Übergabe, das Einigsein und die Verfügungsbefugnis des Veräußerers voraus.

1. Einigung

Zunächst ist eine Einigung erforderlich. 

Definition

Unter einer Einigung sind zwei übereinstimmende Willenserklärungen von Erwerber und Veräußerer über den Eigentumsübergang an einer bestimmten Sache zu verstehen.

Die Einigung ist ein dinglicher Vertrag. Es gelten die allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre. Sie kommt damit durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen gemäß §§ 145 ff. BGB zustande. Sie kann im Wege einer Stellvertretung gemäß § 164 I 1 BGB erklärt oder aber nach §§ 119 ff. BGB angefochten werden. Die Parteien können auch Erklärungs- oder Empfangsboten einschalten, um ihre Willenserklärung zu überbringen.

Es handelt sich zwar um einen dinglichen Vertrag, nicht aber um ein Rechtsgeschäft, da die Einigung allein noch keine Rechtswirkungen erzeugt. Vielmehr ist die Einigung lediglich Teilakt des Rechtsgeschäfts Übereignung.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir neben § 929 S. 1 BGB die §§ 104 ff. BGB, §§ 119 ff. BGB, §§ 145 ff. BGB und § 164 BGB kommentieren. Damit erinnerst du dich daran, dass diese Normen als allgemeine rechtsgeschäftliche Regeln auch für die Einigung gelten.

a) Bestimmtheit

Die Einigung muss auch dem Bestimmtheitsgrundsatz genügen. Ist aus der Einigung für einen Dritten, der nur die Erklärungen der Parteien kennt, nicht ersichtlich, welche konkrete Sache übereignet werden soll, ist die Einigung aufgrund fehlender Bestimmtheit unwirksam (Bestimmtheitsgrundsatz!)

b) Einigung unter Einschaltung Dritter

Die Einigungserklärung des Veräußerers kann, muss aber nicht durch den Veräußerer selbst vorgenommen werden.

  • So kann sich ein Vertreter des Veräußerers, etwa ein Mitarbeiter, gemäß § 164 I BGB mit dem Erwerber einigen. Hat der Handelnde seine Übereignungserklärung aber nicht im Namen des Vertretenen abgegeben, wirkt die Einigung nicht für und gegen den Eigentümer. Er verliert sein Eigentum in diesen Fällen grundsätzlich nicht. Zu prüfen ist dann jedoch, ob ein Geschäft für den, den es angeht, in Betracht kommt. Auch hier gelten die allgemeinen Grundsätze der Rechtsgeschäftslehre, die wir aus dem Vertretungsrecht kennen.

  • Ein Geschäft für den, den es angeht, setzt voraus, dass der Handelnde ein Vertretergeschäft tätigen will und es dem Erwerber gleichgültig ist, von wem er erwirbt. Es hat den Eigentumsverlust des Veräußerers zur Folge.

  • Auch der Erwerber kann sich im Rahmen seines Eigentumserwerbs gemäß § 164 I BGB eines Vertreters bedienen. Entsprechend dem Geschäft für den, den es angeht mit einem Vertreter auf Veräußererseite, ist auch beim Eigentumserwerb mit einem Vertreter auf Erwerberseite ein Geschäft für den, den es angeht möglich. Ein solches setzt voraus, dass der Handelnde ein Vertretergeschäft tätigen will und es dem Veräußerer gleichgültig ist, auf wen er sein Eigentum überträgt.

Beispiel

Jurastudentin D schreibt gerade an ihrer Seminararbeit, als die der Hunger überkommt. Um ihren Schreibfluss nicht zu unterbrechen, bittet sie ihren Freund A, ihr eine Brezel aus der Cafeteria zu holen. Die Inhaberin der Cafeteria I überreicht dem D eine Brezel. 


I und A haben sich konkludent über den Eigentumsübergang geeinigt. Hierbei wollte I, dass das seine Einigungserklärung gemäß § 164 I BGB für und gegen D wirkt. Dies war für I jedoch anhand der äußeren Umstände nicht ersichtlich. Allerdings ist es ihr gleichgültig, ob sie ihr Eigentum an der Brezel auf D oder A überträgt. Es handelt sich um ein Geschäft für den, den es angeht, auf Erwerberseite.

Außerdem kann im Rahmen der Einigung auf Veräußerer- oder Erwerberseite ein mittelbarer Stellvertreter eingeschaltet werden. 

  • Bedient sich der Veräußerer eines mittelbaren Stellvertreters, einigt sich dieser mit dem Erwerber in eigenem Namen. Im Rahmen der Übergabe verschafft der mittelbare Stellvertreter dem Erwerber die Sachherrschaft als Besitzer. Da er selbst nicht verfügungsbefugt ist, setzt die Übereignung durch einen mittelbaren Stellvertreter jedoch dessen Verfügungsermächtigung gemäß § 185 I BGB voraus. Ein Beispiel für den Einsatz eines mittelbaren Stellvertreters auf Veräußererseite stellt die Verkaufskommission gemäß §§ 383 - 406 BGB dar. 

  • Bedient sich demgegenüber der Erwerber eines mittelbaren Stellvertreters, etwa bei der Einkaufskommission gemäß §§ 383 - 406 BGB, findet ebenfalls eine Einigung mit dem mittelbaren Stellvertreter im eigenen Namen statt. Infolge der Übergabe durch den Veräußerer wird der mittelbare Stellvertreter auch selbst Besitzer.

2. Übergabe

Infolge der Übergabe werden die vermeintlichen Eigentumsverhältnisse nach außen erkennbar gemacht. Durch die Übergabe kommt damit das Publizitätsprinzip des Sachenrechts zum Ausdruck. Um auch problematische Grenzfälle erfassen zu können, ist eine präzise Definition der Übergabe erforderlich. 

Definition

Eine Sache ist im Sinne des § 929 S. 1 BGB übergeben, wenn

  1. der Erwerber oder ein von ihm Benannter unmittelbaren oder mittelbaren Eigenbesitz begründet hat,

  2. der Veräußerer mit der Eigenbesitzbegründung einverstanden war und

  3. der Veräußerer keinen Besitzposition (mehr) hat.

Zusammenfassend sind also eine Eigenbesitzbegründung auf Erwerberseite mit dem Einverständnis des Veräußerers und ein vollständiger Eigenbesitzverlust auf Veräußererseite erforderlich. Selbstverständlich ist diese sehr detaillierte Definition nicht immer im Detail zu prüfen, sondern nur wenn die einzelnen Bestandteile problematisch sind.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir § 872 BGB (Eigenbesitz) neben § 929 S. 1 BGB kommentieren.

a) Übergabe unter Einschaltung Dritter

Kennzeichnend für die Übergabe ist, dass ein Wechsel der Sachherrschaft von der Veräußererseite hin zur Erwerberseite erfolgt. Da Veräußerer und/ oder Erwerber nicht beide selbst handeln müssen, gibt es insgesamt sage und schreibe 16 Möglichkeiten der Übergabe. Keine Sorge - das muss man nicht auswendig lernen, es wird sich aus der Konstellation des Falls heraus ergeben, welche Übergabemöglichkeit vorliegt.

Merke

Anders als im Rahmen der Einigung, die einen Vertragsschluss darstellt, ist die Übergabe ein Realakt. Das heißt, dass etwa die §§ 164 ff. BGB analog und nicht direkt anwendbar sind.

So kann ein Mitarbeiter des Veräußerers, als dessen Besitzdiener gemäß § 855 BGB handeln und dem Erwerber die Sachherrschaft mit dem Einverständnis des Veräußerers verschaffen. Andererseits kann beim Eigentumserwerb ein Mitarbeiter des Erwerbers die Sachherrschaft als dessen Besitzdiener erhalten. Da außerdem kein Wechsel in der Person des unmittelbaren Besitzers erforderlich ist, können Erbwerber und Veräußerer auch Besitzmittler einsetzen. Indem der Besitzmittler fortan für den Erwerber den Besitz mittelt, erfolgt die Übergabe - hierin liegt kein Fall des § 931 BGB.

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b) Geheißerwerb

Eine komplizierte Konstellation betrifft den sogenannten Geheißerwerb. Bei diesem wird ebenfalls eine dritte Person zur Übergabe eingeschaltet. Lies dir dazu diesen Artikel durch.

Definition

Geheißperson ist, wer weder Besitzdiener noch Besitzmittler ist und auf „Geheiß“ (= Weisung) des Veräußerers einer von ihm bezeichneten Person die tatsächliche Sachherrschaft verschafft.

c) Einverständnis des Veräußerers mit der Eigenbesitzbegründung

Wie sich aus der obigen Definition ergibt, muss der Veräußerer mit der Eigenbesitzbegründung auf Erwerberseite einverstanden gewesen sein. Die Besitzübertragung muss auf Veranlassung des Veräußerers geschehen sein. Es handelt sich um ein Zurechnungskriterium, das eine Übergabe bei weisungs- oder interessenwidrig handelnden Hilfspersonen des Veräußerers ausschließt. Letztlich ist entscheidend, dass der Erwerber oder ein von ihm Benannter mit Einverständnis des Veräußerers Eigenbesitz begründet hat. Es muss also ein einverständlicher Wechsel im Eigenbesitz stattfinden.

Auch bei einer Veräußerung unter Eigentumsvorbehalt ist der Veräußerer letztlich mit der Begründung von Eigenbesitz einverstanden - allerdings nur unter der Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung. Im erforderlichen Einverständnis des Veräußerers ist ein Übergabewille enthalten. Hat der Erwerber die Sachherrschaft ohne Willen des Veräußerers erlangt, liegt gegebenenfalls verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 I BGB vor. Der Übergabewille ist ein tatsächlicher/ natürlicher Wille.

Hinsichtlich des Übergabewillens können einige Probleme auftreten:

aa) Übergabe durch Geschäftsunfähige

Da die Übergabe einen Realakt darstellt, können insbesondere die §§ 104 ff. BGB weder unmittelbar noch analog gelten. Wieso? Schau dir die Überschrift des 3. Abschnitts an - die Normen sind auf Rechtsgeschäfte anwendbar und nicht auf Realakte. Jedoch sind bei der Übergabe durch einen Geschäftsunfähigen die Rechtsgedanken des §§ 104 ff. / § 828 I BGB zu beachten. Sofern nicht § 105a BGB eingreift, liegt keine wirksame Übergabe im Sinne des § 929 S. 1 BGB vor. Aus dem Rechtsgedanken des § 828 I BGB folgt nämlich, dass Personen, die weniger als sieben Jahre alte sind, für eine Fremdschädigung nicht verantwortlich sind.

Gleiches muss entsprechend für eine Selbstschädigung gelten. Der Geschäftsunfähige, der nach § 828 I BGB nicht verantwortlich ist, ist auch für die Selbstschädigung in Gestalt der Besitzverschaffung im Rahmen einer Übergabe nicht verantwortlich.

bb) Übergabe durch beschränkt Geschäftsfähige

Im Gegensatz zu den Geschäftsunfähigen, ist den beschränkt Geschäftsfähigen grundsätzlich eine natürliche Urteilsfähigkeit zuzuschreiben. Beschränkt Geschäftsfähige müssen im Umkehrschluss aus § 828 I BGB grundsätzlich für eine Fremdschädigung einstehen und haben damit auch ihre Selbstschädigung durch Übergabe zu verantworten. 

Ausnahmsweise fehlt es jedoch an einer Übergabe, wenn der beschränkt Geschäftsfähige nach dem Rechtsgedanken des § 828 III BGB am Ende bei der Übergabe nicht die zur Erkenntnis der Bedeutung des Besitzverlustes erforderliche Einsicht hat. 

cc) Übergabe infolge eines Irrtums/ aufgrund arglistiger Täuschung

Der Übergabewille kann mit einem Irrtum behaftet sein. Bei der Übergabe infolge eines Irrtums ist zu beachten, dass die Übergabe ein Realakt ist. Damit ist einzig der natürliche Wille entscheidend - wie er gebildet wurde, spielt keine Rolle (bloßer „unbeachtlicher Motivirrtum“). Damit liegt trotz Irrtums eine Übergabe vor. Gleiches gilt, wenn die Übergabe aufgrund einer arglistigen Täuschung erfolgt. Auch hier spielt es keine Rolle, wie der Wille gebildet wurde. 

dd) Übergabe infolge einer Drohung

Der Übergabewillen kann auch durch eine Drohung beeinflusst werden. 

Beispiel

A droht B, künftig keine Geschäfte mehr mit ihm zu machen, falls er ihm nicht die Sache übergebe.

Grundsätzlich schadet eine „normale“ Drohung nicht, da der Bedrohte zwischen dem angedrohten Nachteil und der Übergabe entscheiden kann. Trotz Drohung handelt es sich dann um eine Übergabe nach § 929 S. 1 BGB. 

Erfolgt die Übergabe jedoch infolge einer Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben, ist dies anders zu beurteilen.

Beispiel

A droht dem B, ihn oder einen Angehörigen zu töten, falls er ihm die Sache nicht übergebe.

Hier löst die Drohung einen unerträglichen seelischen Druck aus, der dem Bedrohten jeden Entscheidungsspielraum entzieht. Eine solche Drohung steht der Gewalt und damit der verbotenen Eigenmacht im Sinne des § 858 I BGB gleich. Es handelt sich dann nicht um eine Übergabe. 

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3. Einigsein

Neben Einigung und Übergabe ist auch das Einigsein von Veräußerer und Erwerber erforderlich. 

Definition

Einigsein meint die Einigung vor, bei oder nach Übergabe. Die Einigung zu einem beliebigen Zeitpunkt genügt, sofern bis zur Übergabe kein Widerruf erfolgt.

Das Erfordernis des Einigseins besteht, da die Einigungserklärungen nach herrschender Meinung bis zur Übergabe frei widerruflich sind. Anders als bei Immobilien, vergleiche § 873 II BGB, gibt es im Mobiliarrecht keine Bindung an die Einigung.

Merke

Bei einer „normalen“ Willenserklärung ist der Widerruf gemäß § 130 BGB nur bis zum Zugang zulässig

4. Verfügungsbefugnis

Überdies ist für eine wirksame Übereignung nach § 929 S. 1 BGB erforderlich, dass der Veräußerer verfügungsbefugt ist.

Definition

Die Verfügungsbefugnis oder auch Verfügungsmacht ist die Rechtsmacht zur Vornahme einer wirksamen Verfügung.

Wer die Verfügungsbefugnis hat, kann durch Übereignung wirksam auf sein Eigentum einwirken. Die Verfügungsbefugnis betrifft das rechtliche Können. Sie entscheidet darüber, ob jemand auf ein Recht, hier das Eigentum, einwirken kann.

a) Verfügungsbefugnis des Eigentümers

Grundsätzlich ist der Eigentümer als Rechtsinhaber verfügungsbefugt und damit zur Übereignung berechtigt. Seine Verfügungsbefugnis kann jedoch ausnahmsweise gesetzlich ausgeschlossen sein. Die Verfügungsbefugnis fehlt dem Eigentümer kraft Gesetzes in den folgenden Fällen: 

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Nach § 137 S. 1 BGB kann die Verfügungsbefugnis nicht durch ein Rechtsgeschäft ausgeschlossen oder beschränkt werden. Eine rechtsgeschäftliche Verfügungsbeschränkung ist damit wirkungslos - verbotswidrige Verfügungen sind wirksam. 

Beispiel

B möchte das Auto des A erwerben, wartet jedoch noch auf sein Gehalt, um dieses auch bezahlen zu können. A und B vereinbaren deshalb, dass A zunächst nicht über sein Auto verfügen darf. Als jedoch plötzlich der reiche C vor A steht und das Auto sofort kaufen und erwerben will, übereignet A ihm das Auto gemäß § 929 S. 1 BGB. A war als Eigentümer verfügungsbefugt. Das rechtsgeschäftliche Verfügungsverbot hat gemäß § 137 S. 1 BGB keine Auswirkungen auf den Eigentumserwerb des C.

Hätten A und B jedoch vereinbart, dass sich A gegenüber B verpflichtet, nicht über sein Eigentum zu verfügen und etwaige Verfügungen zu unterlassen, wäre dies nach § 137 S. 2 BGB zulässig. Eine solche Verfügungsunterlassungsverpflichtung kann wegen des Trennungsprinzips zwar die Übereignung an C nicht verhindern, sie kann jedoch einen Schadensersatzanspruch des B gegen A begründen. 

aa) Absolute und relative Verfügungsbeschränkungen

Hinsichtlich der möglichen Verfügungsbeschränkungen ist zwischen absoluten und relativen Verfügungsbeschränkungen zu unterscheiden. 

  • Absolute Verfügungsbeschränkungen wirken, wie der Name schon verrät, absolut. Die vorgenommene Verfügung ist gegenüber jedermann unwirksam. Absolute Verfügungsbeschränkungen sind in §§ 1365, 1369 BGB; § 2113 BGB, § 2211 BGB und § 80 I InsO enthalten. Sie schließen sogar einen gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten aus.

  • Im Gegensatz hierzu wirken relative Verfügungsbeschränkungen nur relativ. Die Verfügung ist gemäß § 135 I 1 BGB also nur gegenüber einer bestimmten Person, die geschützt werden soll, unwirksam. Nach § 136 BGB sind gesetzliche Veräußerungsverbote im Sinne des § 135 I 1 BGB den behördlichen Veräußerungsverboten gleichgestellt. Einen Anwendungsfall bildet zum Beispiel die Pfändung gemäß § 808 ZPO.

b) Verfügungsbefugnis eines Nichteigentümers

Das fehlende Eigentum des Veräußerers bedeutet nicht automatisch, dass dieser nicht verfügungsbefugt ist. Wie bereits erwähnt, kann sich die Verfügungsbefugnis eines Dritten, der nicht Eigentümer ist, aus dem Gesetz ergeben. Eine derartige Verfügungsbefugnis kraft Gesetzes folgt aus § 80 I InsO, § 1985 BGB und § 2205 S. 2 BGB. Außerdem können der verfügungsbefugte Eigentümer oder der kraft Gesetzes Verfügungsbefugte gemäß § 185 I BGB in die Verfügung einer anderen Person einwilligen und ihr auf diese Weise die Verfügungsbefugnis verleihen. Es handelt sich dann trotzdem um die Verfügung eines Nichtberechtigten im Sinne des § 185 I BGB, da der Verfügende ohne die Einwilligung des Berechtigten keine Verfügungsmacht hat. 

 

Definition

Berechtigter im Sinne des § 185 BGB ist, wer Verfügungsmacht hat. Berechtigter können also der verfügungsbefugte Eigentümer oder eine Person, die kraft Gesetzes verfügungsbefugt ist, sein. Nichtberechtigter im Sinne des § 185 BGB ist, wer mangels Eigentums oder wegen einer Verfügungsbeschränkung keine Verfügungsbefugnis hat.

Diese Einwilligung wird als Verfügungsermächtigung bezeichnet. Es handelt sich um ein einseitiges Rechtsgeschäft, für das die §§ 182 ff. BGB gelten. Die Verfügungsermächtigung führt zur sofortigen Wirksamkeit der Verfügung. Sie ist vor allem beim verlängerten Eigentumsvorbehalt relevant. Ob der Verfügende zur Veräußerung ermächtigt ist, ist im konkreten Fall eine Frage der Auslegung. In Zweifelsfällen entscheidet seine Funktion. Warenkaufleute und Kommissionäre sind in der Regel zur Verfügung ermächtigt. Ausnahmen hiervon kommen bei Schleuderverkäufen und Sicherungsgeschäften in Betracht. Spediteure und Frachtführer sind in der Regel nicht zur Verfügung ermächtigt.

Gesetzesverweis

Sofern es in deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir neben § 185 I BGB den § 183 S. 1 BGB, der für die Verfügungsermächtigung gilt, kommentieren.

Der Berechtigte kann nach § 185 II 1 Alt. 1 BGB die Verfügung eines Nichtberechtigten nachträglich genehmigen. Diese wird dann gemäß § 184 I BGB rückwirkend (ex tunc) wirksam. 

Der wichtigste Fall der nachträglichen Genehmigung im Sinne des § 185 II 1 Alt. 1 BGB ist, dass der Berechtigte vom Nichtberechtigten aus § 816 I 1 BGB den Erlös der Verfügung herausgelangt. Da der Anspruch aus § 816 I 1 BGB eine wirksame Verfügung voraussetzt, ist in dem Herausgabeverlangen eine konkludente Genehmigung der Verfügung zu sehen.

Gesetzesverweis

Sofern es ist deinem Bundesland zulässig ist, kannst du dir neben § 185 II 1 Alt. 1 BGB die § 184 I BGB und § 816 I 1 BGB kommentieren.

Weiterhin kann die Verfügung eines Nichtberechtigten auch ohne Rückwirkung (ex nunc) nach § 185 II 1 Alt. 2 oder Alt. 3 BGB wirksam werden. Der § 185 II 1 Alt. 2 BGB setzt voraus, dass der Berechtigte den Verfügungsgegenstand erworben hat, während § 185 II 1 Alt. 3 BGB erfordert, dass der Berechtigte Erbe des Verfügenden wurde.

Die fehlende Verfügungsbefugnis führt grundsätzlich zur Unwirksamkeit der Übereignung. Sie kann jedoch nach den Vorschriften über den gutgläubigen Erwerb vom Nichtberechtigten überwunden gemäß §§ 932 ff. BGB überwunden werden.

III. Gutgläubiger Erwerb vom Nichtberechtigten, §§ 929 S. 1, 932 I 1 Hs. 1 BGB

Sofern der Veräußerer nicht verfügungsbefugt war, stellt sich die Frage des gutgläubigen Erwerbs gemäß §§ 929 S. 1, 932 I 1 Hs. 1 BGB, den wir in diesem Artikel darstellen.

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