I. Grundsatz
Eine weitere Form der Gefährdungshaftung neben § 1 I 1 ProdHaftG und § 7 I StVG ist in § 833 S. 1 BGB vorgesehen. Ihr liegt folgender simpler Gedanke zugrunde: Wer ein Tier hält, muss es unter Kontrolle halten. Wer ein Tier nicht unter Kontrolle halten kann, muss seine Haltung unterlassen - oder haften.
In der Vorschrift des § 833 S. 1 BGB sind zwei Haftungsarten enthalten:
- Zum einen folgt aus § 833 S. 1 BGB eine Gefährdungshaftung bei Luxustieren. 
- Zum anderen wird nach § 833 S. 1, 2 BGB bei Nutztieren für ein vermutetes Aufsichtsverschulden gehaftet. 

II. Gemeinsame Voraussetzungen
1. Tierhalter
Beide Anspruchsgrundlagen haben gemeinsam, dass der Tierhalter passivlegitimiert ist. Ob eine Person Tierhalter ist, ist im Einzelfall zu bestimmen.
Hierbei sind folgende Merkmale entscheidend:
- (mittelbarer) Besitz an dem Tier, eigenes Interesse an der Haltung, 
- Kostentragung und 
- Befugnis über Betreuung und Existenz des Tieres zu entscheiden. 
Je mehr dieser Merkmale erfüllt sind, desto eher ist eine Person Tierhalter. Der Tierhalter braucht nicht Eigentümer des Tieres zu sein. Gleiches gilt für den Fahrzeughalter nach § 7 I StVG. Der Halterbegriff des StVG hat sich aus dem Tierhalterbegriff des § 833 BGB entwickelt.
2. Verletzung eines Rechts oder Rechtsguts
Hier kann auf die Ausführungen zu § 823 I BGB verwiesen werden.
III. Voraussetzungen der Gefährdungshaftung
1. Gefährdungshaftung (§ 833 S. 1 BGB)
a) Verletzung durch ein Tier, das kein Nutztier ist
Die Gefährdungshaftung nach § 833 S. 1 BGB setzt voraus, dass ein Recht oder Rechtsgut einer Person durch ein Tier verletzt wurde, das kein Nutztier ist. Außerdem muss sich eine spezifische Tiergefahr verwirklicht haben.

Die Schadensersatzpflicht nach § 833 S. 1 BGB gilt für Tiere, die keine Nutztiere sind. Sie ist damit bei wilden und gezähmten Tieren sowie bei Luxustieren (im Umgangssprachgebrauch: Haustieren) einschlägig. Die Abgrenzung ergibt sich aus der Nutztierdefinition des § 833 S. 2 BGB. Damit handelt es sich nicht um eine Gefährdungshaftung, sondern um eine Haftung aus vermutetem Verschulden.
b) Verwirklichung einer spezifischen Tiergefahr
Außerdem ist die Verwirklichung einer spezifischen Tiergefahr erforderlich.
Definition
Eine spezifische Tiergefahr liegt vor, wenn sich die typische Unberechenbarkeit eines Tieres in einem Ausbruch tierischer Natur verwirklicht hat.
Beispiele
- Ein Pferd geht durch 
- Ein Hund fällt harmlose Spaziergänger an 
- Rinder geraten in Panik 
Im Rahmen der Gefährdungshaftung nach § 833 S. 1 BGB ist eine Exkulpation nach § 833 S. 2 BGB nicht möglich.
IV. Voraussetzungen der Haftung aus vermutetem Verschulden (§ 833 S. 1, 2 BGB)
1. Verletzung durch ein Nutztier
Die Haftung aus vermutetem Verschulden nach § 833 S. 1, 2 BGB setzt voraus, das ein Recht oder Rechtsgut einer Person durch ein Tier, welches ein Nutztier ist, verletzt wurde.
Außerdem ist bei Nutztieren ein Entlastungsbeweis nach § 833 S. 2 BGB möglich.

Ein Nutztier muss zwei Kriterien erfüllen.
a) Haustier
Erstens muss es sich um ein Haustier handeln.
Definition
Haustiere sind zahme Tiere, die in der Hauswirtschaft zu dauernder Nutzung oder Dienstleistung gezüchtet und gehalten zu werden pflegen.
Keine Haustiere sind wilde Tiere oder gezähmte Tiere.
Beispiel
- In einem Gatter gehaltene Damhirsche 
- Zirkustiger 
b) Kommerzielle Zwecke
Außerdem muss das Haustier kommerziellen Zwecken dienen. Haustiere, die anderen Zwecken dienen, sind Luxustiere.
Beispiel
- Kühe 
- Schweine 
- Mietpferde 
- Wachhunde 
Haustiere, die anderen Zwecken dienen, sind Luxustiere.
Beispiel
- Hobbypferde 
- Schoßhunde 
- Schmusekatzen 
Pferde eines Reitvereins sind Luxustiere, selbst wenn die Mitglieder eine Nutzungsgebühr zu entrichten haben.
2. Entlastungsbeweis
Außerdem ist bei Nutztieren ein Entlastungsbeweis nach § 833 S. 2 BGB möglich, wenn die notwendige Sorgfalt durch den Tierhalter beachtet wurde.
Die Verwirklichung einer spezifischen Tiergefahr ist im Rahmen des § 833 S. 1, 2 BGB nicht erforderlich.
V. Selbstgefährdung
Im Rahmen der Haftung im Zusammenhang mit einer Schädigung durch Tiere kann eine Selbstgefährdung des Geschädigten klausurrelevant werden. Dass sich jemand bewusst einer Gefahr aussetzt, schließt Ersatzansprüche nicht aus. Ob jemand beispielsweise ein Pferd mit oder ohne Einverständnis des Inhabers der tatsächlichen Sachherrschaft geritten hat, ist unerheblich. Allerdings mindert das Mitverschulden des Geschädigten den Anspruch nach § 254 BGB und zwar in Extremfällen auf Null.



