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19. Abschnitt: Diebstahl und Unterschlagung (§§ 242 - 248c StGB)

§ 246 StGB (Unterschlagung)

Teilgebiet

BT

Thema

19. Abschnitt: Diebstahl und Unterschlagung (§§ 242 - 248c StGB)

Tags

Zueignung
Manifestationslehre
Manifestation des Zueignungswillens
Subsidiarität
Konkurrenz
Bestimmtheitsgebot
Strafantrag
Anvertrautsein
Art. 103 GG
§ 246 StGB
§ 242 StGB
§ 247 StGB
§ 248a StGB
§ 12 StGB
§ 23 StGB
§ 15 StGB
§ 28 StGB
§ 90 BGB
§ 94 BGB
§ 95 BGB
§ 249 StGB
§ 253 StGB
§ 259 StGB
§ 263 StGB
§ 266 StGB
§ 257 StGB
Gliederung
  • I. Allgemeines

    • 1. Systematik

    • 2. Prüfungsschema

  • II. Tatobjekt

    • 1. Fremde bewegliche Sache

    • 2. Ggf. Qualifikation: Anvertraut (Abs. 2)

  • III. Tathandlung

    • 1. Zueignung

      • a) Definition

      • b) Wiederholte Zueignung

      • c) Drittzueignung

    • 2. Rechtswidrigkeit der Zueignung

  • IV. Subjektiver Tatbestand

  • V. Rechtswidrigkeit und Schuld

  • VI. Schuld

  • VII. Ggf. Strafantrag, §§ 247, 248a StGB

    • 1. Haus- und Familiendiebstahl (§ 247 StGB)

    • 2. Unterschlagung geringwertiger Sachen (§ 248a StGB)

Dieser Artikel behandelt die Unterschlagung nach § 246 StGB. Die Vorschrift ist examensrelevant, da sie häufig als Auffangtatbestand zu § 242 StGB in Betracht kommt.

Zentrale Probleme des Straftatbestandes betreffen die Frage, wann eine (objektive) Zueignung vollendet ist, sowie den Umgang mit mehrfachen Zueignungshandlungen (Stichwort: Tatbestands- oder Konkurrenzlösung).

I. Allgemeines

§ 246 StGB steht im 19. Abschnitt des StGB “Diebstahl und Unterschlagung” und schützt (wie die Diebstahlstatbestände) das Eigentum.

Bei § 246 StGB handelt es sich um ein Vergehen i.S.d. § 12 II StGB und nicht um ein Verbrechen i.S.d. § 12 I StGB. Die Versuchsstrafbarkeit ergibt sich daher nicht aus § 12 I StGB i.V.m. § 23 I StGB, sondern aus der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung in § 246 III StGB.

Vernetztes Lernen

Vergleicht man § 246 StGB mit § 242 StGB, so wird der Diebstahlstatbestand durch die Gewahrsam brechende Wegnahme geprägt, die subjektiv in Zueignungsabsicht erfolgt. Demgegenüber ist bei § 246 StGB die Zueignung ein objektives Tatbestandsmerkmal, sodass der Zueignungswille durch eine Handlung tatsächlich erkennbar sein muss (str., siehe unten).

1. Systematik

Die Unterschlagung dient als Auffangtatbestand und ist gegenüber anderen Eigentumsdelikten subsidiär.

Merke

Daraus folgt, dass in der Bearbeitung eines Falles stets die Vermögensdelikte wie §§ 242, 249, 253, 259, 263, 266 StGB zuerst geprüft werden müssen. Wenn eines dieser Delikte einschlägig ist, reicht es aus, kurz darauf hinzuweisen, dass die evtl. ebenfalls verwirklichte Unterschlagung nach § 246 StGB im Wege der Gesetzeskonkurrenz (Subsidiarität) zurücktritt.

2. Prüfungsschema

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II. Tatobjekt

1. Fremde bewegliche Sache

Tatobjekt ist, wie beim Diebstahl nach § 242 StGB, eine fremde bewegliche Sache:

Definition

  • Sache ist jeder körperliche Gegenstand i.S.d. § 90 BGB.

  • Fremd ist eine Sache, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist.

  • Beweglich sind alle Sachen, die tatsächlich fortbewegt werden können. Unter Abweichung von §§ 94, 95 BGB sind also auch solche Sachen erfasst, die zum Zwecke der Wegnahme erst beweglich gemacht werden.

2. Ggf. Qualifikation: Anvertraut (Abs. 2)

Für die Qualifikation der veruntreuenden Unterschlagung muss die fremde bewegliche Sache dem Täter anvertraut worden sein, vgl. § 246 II StGB.

Klausurtipp

Kommt die Qualifikation in Betracht, empfiehlt sich wegen der bis auf das Qualifikationsmerkmal identischen Voraussetzungen von Grunddelikt und Qualifikation eine gemeinsame Prüfung beider Tatbestände.

Definition

Anvertraut sind alle Sachen, die dem Täter mit der Maßgabe überlassen worden sind, sie im Interesse oder nach Weisung des Eigentümers zu verwenden oder sie dem Eigentümer zurückzugeben.

Beispiel

K gibt seinem Freund T seine Uhr, damit dieser sie für einige Tage aufbewahrt, während K im Urlaub ist. T verkauft die Uhr an einen Dritten.

Die Uhr wurde dem T überlassen, damit er sie verwahrt und anschließend wieder zurückgibt. Folglich war sie dem T anvertraut. Durch den Verkauf hat T die Uhr veruntreuend i.S.d. § 246 II StGB unterschlagen.

Fraglich ist, ob eine Sache auch dann als anvertraut i.S.d. § 246 II StGB gilt, wenn sie dem Täter von einem Nichtberechtigten (etwa einem Dieb) zur Verwahrung überlassen oder vom Eigentümer zu gesetzeswidrigen Zwecken übergeben wurde.

Beispiel

A stiehlt dem B dessen Laptop und bittet seinen Freund T, diesen für ihn einige Tage aufzubewahren. T verkauft den Laptop an einen Dritten.

Problem

Anvertrautsein bei Überlassung durch Nichtberechtigte oder zu gesetzeswidrigen Zwecken?

  • Eine Ansicht bejaht das Anvertrautsein auch im Rahmen rechts- oder sittenwidriger Beziehungen, soweit die Übergabe der Sache nicht den Interessen des Eigentümers widerspricht.

  • Nach anderer Ansicht sind Treueverhältnisse, die nicht im Einklang mit der Rechtsordnung stehen, nicht schutzwürdig.

  • Stellungnahme:

    Der zweiten Ansicht ist zu folgen. § 246 II StGB stellt auf den besonderen Vertrauensbruch ab, der in der Veruntreuung liegt. Fehlt es (etwa bei deliktischer Erlangung oder gesetzeswidriger Zweckbindung) an einem schutzwürdigen Vertrauen, besteht kein Anlass für eine erhöhte Strafandrohung.

Das Merkmal des Anvertrautseins stellt einen besonderen persönlichen Umstand i.S.d. § 28 II StGB dar. Teilnehmer, die selbst nicht in einem solchen Vertrauensverhältnis stehen, sind daher nur nach dem Grundtatbestand des § 246 I StGB zu bestrafen.

III. Tathandlung

Die Tathandlung des § 246 StGB besteht in der rechtswidrigen Zueignung. Diese kann entweder in einer Zueignung an den Täter selbst (Selbstzueignung) oder an einen Dritten (Drittzueignung) liegen.

1. Zueignung

a) Definition

Vernetztes Lernen

Anders als beim Diebstahl (§ 242 StGB) muss bei der Unterschlagung (§ 246 StGB) die Zueignung objektiv vollendet sein. Eine alleinige Zueignungsabsicht genügt nicht (arg. e contrario: kein „in der Absicht … zuzueignen“).

§ 246 StGB ist somit kein Delikt mit überschießender Innentendenz.

Daher stellt sich die Frage, wann eine Zueignung i.S.d. § 246 StGB vorliegt.

Problem

Wann hat der Täter sich die Sache objektiv zugeeignet?

Herrschende Meinung ist die Manifestationstheorie. Demnach muss der Täter eine Handlung vornehmen, die seinen Zueignungswillen nach außen manifestiert, ihn also erkennbar macht.

Umstritten ist, unter welchen Voraussetzungen eine solche Manifestation anzunehmen ist:

  • Weite Manifestationstheorie:

    Jede Handlung, die als Betätigung des Zueignungswillens verstanden werden kann, genügt. Maßgeblich ist, ob ein objektiver Beobachter bei Kenntnis der Täterabsicht die Handlung als Ausdruck des Willens ansieht, die Sache dauerhaft zu enteignen und sie sich zuzueignen.

  • Enge Manifestationstheorie:

    Nur Handlungen sind erfasst, aus denen ein alle Umstände kennender Beobachter auch ohne Kenntnis des Vorsatzes des Täters auf einen generellen Zueignungswillen schließen kann.

  • Stellungnahme:

    Es ist der engen Manifestationstheorie zu folgen.

    Der Wortlaut des § 246 I StGB verlangt, dass der Täter sich die Sache zueignet, also sowohl eine Aneignung als auch eine Enteignung verwirklicht. Daher kann nicht jede beliebige, als Zueignung interpretierbare Handlung genügen.

    Da die Unterschlagung (anders als der Diebstahl) eben keine Gewahrsamsverletzung voraussetzt, würde eine bloß innerlich getragene Zueignungsabsicht den Tatbestand konturenlos machen. Erforderlich ist daher eine Handlung, die eindeutig auf einen Zueignungswillen schließen lässt.

Klausurtipp

In der Klausur genügt es regelmäßig, kurz die enge Manifestationstheorie zu nennen und nach dieser zu subsumieren. Denn wenn schon die enge Manifestationstheorie vorliegt, dann erst recht die weite Manifestationstheorie.

“Eine Zueignung liegt jedenfalls vor, wenn nach der engen Manifestationstheorie eine Handlung vorliegt, aus der ein alle Umstände kennender Beobachter eindeutig auf einen Zueignungswillen schließen kann.

Zu prüfen ist also nicht zwingend der Zueignungswille an sich, sondern ob eine Handlung vorliegt, aus der ein Beobachter einen solchen Willen schließen würde.

b) Wiederholte Zueignung

Fraglich ist, ob eine wiederholte Zueignungshandlung tatbestandlich möglich ist, wenn der Täter sich die Sache bereits zuvor zugeeignet hat.

Beispiel

A stiehlt eine Flasche Gin aus dem Einkaufsladen und mixt sich daraus später zu Hause einen Cocktail.

Problem

Wiederholte Zueignung?

  • Tatbestandslösung (BGH):

    Eine bereits vollendete Zueignung kann nicht erneut erfolgen. Spätere Verwertungshandlungen (etwa Verbrauch, Verkauf oder Verschenken) sind typische Nachtaten, die lediglich die bereits erlangte eigentümerähnliche Herrschaft ausnutzen und daher den Tatbestand des § 246 StGB nicht erfüllen.

  • Konkurrenzlösung (h.M.):

    Eine zweite Zueignung ist tatbestandlich gegeben, wird jedoch im Wege der Gesetzeskonkurrenz konsumiert. Die nachfolgende zweite Zueignung gilt als mitbestrafte Nachtat oder tritt über die Subsidiaritätsklausel zurück, da kein neues selbstständiges Eigentumsunrecht entsteht.

  • Stellungnahme:

    Für die Konkurrenzlösung spricht zunächst das Teilnahmeargument, wonach Teilnehmer, die erst an der Verwertungshandlung mitwirken, bestraft werden können. Das wäre jedoch nicht möglich, wenn man die zweite Handlung lediglich als unselbstständige Nachtat zur ersten Zueignung einstuft und somit keinen neuen Tatbestand des § 246 StGB annimmt. Dieses überzeugt jedoch kaum, da §§ 257, 259 StGB insoweit eine abschließende Regelung enthalten.

    Die Tatbestandslösung überzeugt eher: Wer sich eine Sache bereits zugeeignet hat, kann sie nicht erneut in strafbarer Weise enteignen und aneignen. Zudem würde die Konkurrenzlösung die Verjährung der Ursprungshandlung faktisch aushebeln, da jede Verwertungshandlung als neue Unterschlagung gelten würde.

c) Drittzueignung

Der Täter kann die Zueignung auch zugunsten eines Dritten vornehmen. Dabei ist es grundsätzlich unerheblich, ob der Dritte der Zueignung zustimmt oder daran mitwirkt. Ebenso wenig muss der Täter selbst einen Vorteil aus der Drittzueignung ziehen.

Beispiel

Einzahlung fremder Gelder auf das Konto eines Dritten oder das Verschenken einer entliehenen Sache an eine andere Person.

Problematisch wird die Drittzueignung, wenn der Täter keinen eigenen Gewahrsam an der Sache hat.

Beispiel

T ruft die in München lebende O an und schenkt ihr ein Fahrrad, das tatsächlich dem F gehört und an der Universität abgestellt ist. Dabei gibt sich T gegenüber O als Eigentümer aus und fordert sie auf, das Rad dort abzuholen.

In solchen Konstellationen würde zwar sowohl die weite als auch die enge Manifestationstheorie grundsätzlich eine Zueignung bejahen, da sich der Täter nach außen wie ein Eigentümer verhält.

Aus Gründen des Bestimmtheitsgebots (Art. 103 II GG) wird dieses Ergebnis jedoch einstimmig abgelehnt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Täter mittelbarer Besitzer der Sache ist oder der Dritte tatsächlichen Besitz erlangt.

2. Rechtswidrigkeit der Zueignung

Definition

Rechtswidrig ist die Zueignung, wenn sie im Widerspruch zur bestehenden Eigentumsordnung steht, also wenn dem Täter kein fälliger und durchsetzbarer Anspruch auf die Sache zusteht.

Darüber hinaus kann auf die Ausführungen im Artikel zum § 242 StGB verwiesen werden.

IV. Subjektiver Tatbestand

Nach dem Wortlaut ist (anders als bei § 242 StGB) keine Absicht erforderlich. Es genügt daher nach dem allgemeinen Maßstab des § 15 StGB bedingter Vorsatz (dolus eventualis) hinsichtlich der rechtswidrigen Zueignung.

V. Rechtswidrigkeit und Schuld

Hinsichtlich der Rechtswidrigkeit sind keine Besonderheiten zu beachten.

VI. Schuld

Es sind die allgemeinen Entschuldigungsgründe zu beachten.

VII. Ggf. Strafantrag, §§ 247, 248a StGB

1. Haus- und Familiendiebstahl (§ 247 StGB)

Merke

Trotz der einschränkenden Überschrift des § 247 StGB („Haus- und Familiendiebstahl“) ist nach dem Wortlaut nicht nur der Diebstahl, sondern auch die Unterschlagung umfasst.

In den Fällen des § 247 StGB ist stets ein Strafantrag erforderlich (absolutes Antragsdelikt).

2. Unterschlagung geringwertiger Sachen (§ 248a StGB)

Hier ist die Strafverfolgung nur bei Vorliegen eines Strafantrags oder eines besonderen öffentlichen Interesses möglich (relatives Antragsdelikt). Maßgeblich ist der objektive Verkehrswert der Sache (Grenze wohl bei 50 €).

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